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Wirths Erben – Völkische Esoteriker im Verein „Ur-Europa“

Der nach „völkischer“ Auffassung „legendäre Ursymbolforscher Herman Wirth war völkische Esoteriker und, ab 1934, SS-Mann. Er gehörte zu den wichtigsten „Vordenkern“ der „Braunen Esoterik“, vor allem, da viele unkritische Geister nicht merkten oder merken wollten, dass Wirth ein „Brauner Esoteriker“ war.
Herman Wirth als Person und seine historischen und ethnographischen Spekulationen, die von Anfang an von der wissenschaftlichen Fachwelt einhellig abgelehnt wurden, könnten heutzutage egal sein, wäre er kein Beispiel für die Mechanismen, die dazu führen, dass immer wieder rechtsextreme Ideologen auch bei „Nicht-Rechten“ Anerkennung finden.
Wirth kam in der Nazi-Zeit zugute, dass der “Reichsführer SS”, Heinrich Himmler, als überzeugter völkischer Esoteriker einige Jahre lang begeistert von den völkisch-esoterischen Lehren Wirths war. 1935 war Wirth Mitbegründer der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e. V.. einer Forschungseinrichtung der SS. Nach der Nazi-Zeit kam ihm indirekt seine fachliche Inkompetenz zugute: viele fachlich seriöse Altertumsforscher traten aus politischer Überzeugung oder aus blankem Opportunismus dem gut dotierten und kräftig protegierten “Ahnenerbe” bei. Diese Wissenschaftler konnten und wollten mit einem esoterischen „Spinner” wie Wirth nicht zusammenarbeiten. So verlor er schließlich seinen Vorsitz im “Ahnenerbe” und wurde 1938 aus der “Forschungsgemeinschaft” verdrängt. (Er erhielt aber bis 1944/45 Forschungsbeihilfen.) Hinzu kamen ideologische Differenzen mit Himmler, der Wirths Matriarchatsvorstellungen nicht teilte – wohlgemerkt: es waren ideologische Differenzen innerhalb eines völkisch-rasstischen Weltbildes.
Nach dem Ende Nazideutschlands gaben Wirth und seine Anhänger die Differenzen mit Himmler als „Opposition“ und seine Kaltstellung im „Ahnenerbe“ als Verfolgung aus.
Wirth und Teile seiner “Lehre” wurde bezeichnenderweise sogar unter nicht-völkischen Esoterikern und in der Alternativszene der 1970er Jahre anerkannt, obwohl er Nazideutschland und die NS-Ideologie verharmloste und sein Weltbild nach wie vor von völkischen, rassistischen, antisemitischen und sozialdarwinistischen Vorstellungen geprägt war. Das lag sicherlich daran, dass seine Idee, in der Jungsteinzeit hätten die “germanischen Völker” im Zustand des Matriarchats im Einklang mit der Natur gelebt und sein romantisiertes Bild der der “Urkulturen” ein breites Echo unter den „Alternativen“, “Ökos” und Feministinnen der 1970er-Jahre fand. Obwohl Wirth nach wie vor Rassist war, wurde er, wohl wegen seiner Schwärmerei für die „indianischen Urkulturen“, zur Unterstützerszene der nordamerikanischer Ureinwohner gezählt. Auf Vermittlung des Wirth-Schülers und SPD-Mitgliedes Roland Häke besuchte der SPD-Vorsitzende Willy Brandt 1979 Wirth in Marburg. Die Rheinland-pfälzische Landesregierung unterstützte zeitweise ein Projekt, in der Zehntscheune der Burg Lichtenberg ein Museum mit der ethnographischen Sammlung Wirths einzurichten.
1981 starb Wirth. Die Strukturen, von denen er profitierte und die er mitprägte, leben – bis heute.

Wirksam sind sie vor allem im Verein „Ur-Europa e. V“, der aus der 1954 unter Wirths Mitwirken gegründeten „Gesellschaft für europäische Urgemeinschaftskunde/Herman Wirth Gesellschaft“ hervor ging. Der Verein distanziert sich zwar auf seinen Internet-Seiten vom Rechtsextremismus und betont seine Unabhängigkeit, verherrlicht und verniedlicht andererseits auf den selben Seiten das Wirken Wirths und Elisabeth Neumann-Gundrums, die in den Externsteinen und am Istenberg imponierende „Großskulpturen“ entdeckt haben wollte, wo nüchternere Beobachter natürliche Felsformationen und – allenfalls – Einritzungen mit primitiven Mitteln erkennen. Frau Neumann-Gundrum sah in den vermeidlichen Großskulpturen die Hinterlassenschaft einer prähistorischen europäischen Hochkultur, von der allen anderen Kulturen ihren Ausgang genommen hätten.

Darauf, dass „Ur-Europa“ nicht „nur“ der völkischen Esoterik nahe steht, sondern außerdem enge Kontakte zur rechtsextremen Szene unterhält, weist ein Bericht bei „Publikative“ hin: „Ur-Europa“ mit braunem Personal.
Am Wochenende vom 12. bis 14. Oktober tagte „Ur-Europa“ in Duderstadt bei Göttingen.
Besonders bei der Referentenliste seien immer wieder Schnittstellen und Kontakte zu rechtsextremen Strömungen erkennbar:

[…]Mit der Frage „Geometrische Landschaftsfiguren um die Externsteine?“ beschäftigt sich beispielsweise der 1937 geborene Gert Meier. Er ist Autor im Grabert Verlag bzw. in dessen Tochterunternehmen Hohenrain-Verlag. Bücher aus dem Verlagsprogramm wurden mehrfach unter anderem wegen Volksverhetzung und Beleidigung eingezogen und indiziert, beide Verlage sind die bedeutendsten Publikationsmöglichkeiten für das rechtsextreme Spektrum in Deutschland. Eng mit den Verlagen verbunden ist die „Gesellschaft für freie Publizistik“, die bundesweit größte rechtsextreme Kulturvereinigung. Auch in einem ihrer Tagungsbände findet sich ein Gert Meier mit dem Thema „Das Ende der D-Mark“. Genau zu diesem Thema sind im Hohenrain Verlag Meiers Bücher erschienen, der beileibe kein Einzelfall ist. Dies zeigt der angekündigte Vortrag „Germania und die Insel Thule“ des Referenten Dr. Bernd Burger. Mit einem Vortrag gleichen Titels war Burger bereits im vergangenen Jahr bei der Jahrestagung der „National-Konservativen Bewegung der Deutschen in Rußland“ zu Gast, eine Gruppierung, die eng mit der NPD kooperiert. Den zweiten Vortrag auf der Tagung hielt der Holocaustleugner Rigolf Hennig. Auch der Vorsitzende des wissenschaftlichen Kuratoriums von „Ur-Europa“, Wolfram Zarnack, hat bereits in einer Publikation eines rechtsextremen Verlags geschrieben. Die Neuauflage des Buchs „Die Fälschung der deutschen Geschichte“ von Wilhelm Kammeier enthält im Anhang ein 88-seitiges Referat von Zarnack. Erschienen ist das Buch im „Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur“, in dem u.a. Schriften des Holocaustleugners David Irving und des Rechtsextremisten Pierre Krebs erschienen.[…]

Das sind wohlgemerkt keine „Kontaktschuld“-Verdächtigungen im Sinne von „der Böse hat mal mit einem Nazi ein Bier getrunken“ und den Referenten kann man auch nicht zugute halten, dass sie z. B. nicht gewusst hätten, wie „braunstichig“ die Verlage sind, in denen sie veröffentlicht hätten.

Allen ernsthaft an europäischer Vor- und Frühgeschichte Interessierten und vor allem allen Germanen- und Kelten-Fans kann ich nur raten, um „Ur-Europa“ und den mit ihr verbundenem „Forschungskreis Externsteine e.V.“ einen weiten Bogen zu machen, trotz allen verbalen Distanzierungen von der „braunen Esoterik“!

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