Verbotene und suspekte heidnische Symbole – Teil 2: Suspekte Symbole
Ging es im Teil 1 um solche Symbole, die ohne Wenn und Aber strafbar nach § 86 StgB sind, die man also auch dann nicht in der Öffentlichkeit etwa als Schmuckstück zeigen darf, wenn man ein noch so entschiedener Antifaschist ist, so soll es hier um andere Kategorien der vom Fluch des Braunen König Midas befallenen Symbole gehen.
Es heißt manchmal von diesen jenen Symbol, es sei verboten. Wirklich verboten sind allerdings nur jene Symbole, die Kennzeichen verbotener verfassungsfeindlicher Organisationen sind.
Nun ist es so, dass Neo-Nazis sehr schnell auf Ersatz-Symbole ausweichen, wenn ihnen das „echte” Symbol verboten wurde. In juristischen Dingen trifft das Klischee von „dumpf-dummen” Neo-Nazi leider nicht zu: Es gibt allzu viele clevere extrem rechte Rechtsanwälte.
So wurde die Reichskriegsflagge aus den Tagen Kaiser Willhelms des Überheblichen, die an sich nichts mit den Nazis zu tun hat, zum Ausweichsymbol für die verbotene, da mit dem Hakenkreuz verzierte, Reichskriegsflagge aus den Tagen Führer Adolfs des Mörderischen. Da es bisher keine verfassungsfeindliche Organisation gibt, deren Kennzeichen die kaiserlich-deutsche Kriegsflagge wäre, ist die Reichkriegsflagge auch nicht nach § 86a verboten.
Es gibt aber neben dem nicht ganz einfach zu erwirkenden Verbots eines Kennzeichens die Möglichkeit, dass Symbole, „die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung sind”, beschlagnahmt und ihre Träger gegebenenfalls wegen „Gefährdung der öffentliche Ordnung” festgenommen werden können.
Ein Beispiel: Hängt die Reichskriegsflagge von „14/18″ an einem Flaggenmast im Hintergarten, wo sie zwar zu sehen ist, aber niemanden ernsthaft stört, so ist das erlaubt. (Eine Hakenkreuzflagge würde samt Besitzer einkassiert, die darf nirgendwo öffentlich zu sehen sein.)
Führt jemand aber diese Flagge bei einem Demonstrationszug mit sich, dann liegt in der Regel eine „Gefahr für die öffentliche Ordnung” vor, denn erfahrungsgemäß arten Demos, bei denen Reichskriegsflaggen zu sehen sind, recht bald in Straßenschlachten aus, und sei es nur, weil die glücklicherweise meist präsenten Gegendemonstranten sich provoziert fühlen. Es gibt leider auch unter Antifaschisten immer wieder mal Schlägertypen, die allzu gern für eine deftige Keilerei zu haben sind, obwohl Straßenschlachten den Rechten meist gut ins Konzept passen – vor allem, wenn „die Linken ja angefangen haben”.
Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung besteht auch, wenn „Loite”, die neben der obligatorischen Alkohol-Fahne eine mit Keltenkreuz haben, in einer typischen Einwander-Gegend Ausländerfeindliches grölen. In diesem Falle wirkt das Keltenkreuz zumindest strafverstärkend, wenn nicht überhaupt erst durch so ein Symbol der rechtsextreme Hintergrund gerichtsnotorisch wird. „Einfache” Ausländerfeinde ohne politisch belastete Kennzeichen kommen leider oft mit der Ausrede „Übermut und Alkohol” durch. Bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen werden solche Kennzeichen in aller Regel vorsorglich von der Polizei kassiert. Die Polizei hat dabei einen weiten Ermessenspielraum, der für harmlose heidnische Passanten an einem Bundesliga-Spieltag unangenehme Folgen haben kann. Wenn z. B. „Hansa Rostock” mit seinen vielen Rechtsaußen-„Fans” in Eurer Stadt spielt, ist es vielleicht keine gute Idee, den auffälligen Anhänger mit der Odal-Rune offen zu tragen.
Die Gesetze und Vorschriften über die „Gefahr für die öffentliche Ordnung” sind Ländersache. In Mecklenburg-Vorpommern oder in Bayern z. B. stehen Symbole auf der „schwarzen Liste”, die in z. B. in Hessen oder Hamburg als harmlos gelten.
So sinnvoll die Gefahrenabwehr per Beschlagnahme provozierender Symbole auch ist, so geht von ihr eine für die Meinungs- und Religionsfreiheit bedenkliche Versuchung aus. Die Versuchung, per Verordnung mehr oder weniger willkürlich Symbole als die öffentliche Ordnung gefährdend „aus dem Verkehr zu ziehen” – mit dem Argument des steten „Nadelstichs” oder aus reinem Aktionismus.
Das Problem: Weil diese Symbole für die Rechten eben nur Logo-Charakter und keinen spirituellen Sinn haben, macht es ihnen nicht aus, bei Bedarf eben auf ein anderes Symbol auszuweichen. „Die Hagal-Rune wird neuerdings von den Bullen einkassiert, macht nix, wir nehm´ jetzt den Thorshammer!”
Wer ernsthaft einer heidnischen Religion nachgeht, dem steht diese Option nicht offen. Der Thorshammer z. B. ist ein religiöses Symbol wie das christliche Kreuz oder der jüdische Davidstern und könnte deshalb nicht gegen ein beliebiges, vielleicht neu erschaffenes, Zeichen ersetzt werden.
Da der Kreativität rechter Gruppen auf der Suche nach Identifikationsmarken keine Grenzen gesetzt sind, werden die Kataloge der „gefährlichen” Symbole immer dicker. Es ist abzusehen, wann wirklich alle Runen, heidnisch-religiösen Symbole, Esoterik-Abzeichen, nicht-christlichen Kreuze usw. als rechtsextreme Kennzeichen katalogisiert sind.
Der rechten Szene wird es recht sein. Ihre Strategie heißt: Symbole besetzen!
Nicht strafbar, aber gegebenenfalls Gefahr für die öffentliche Ordnung (Ländersache, Auswahl):
kaiserlich-deutsche Reichskriegsflagge
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als bekanntes Beispiel | |
Odal-Rune | ohne Bezug zu Wiking-Jugend, BNS oder SS, wenn Bezug erkennbar nach § 86a verboten! | |
Keltenkreuz
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Nachtrag; inzwischen in dieser „stilisierten Form“ nach § 86a verboten – traditionelle Keltenkreuze sind weiterhin erlaubt, wenn kein Bezug zu verbotenen Organisationen besteht. | |
Triskele
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Ku Klux Klan-Zeichen | ||
Algiz “Lebensrune” | ohne zusätzlichen Hinweis auf die SA oder “Lebensborn” usw., dann nach § 86a verboten! | |
Fahne der Deutschen Heidnischen Front D.H.F.
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Banner der Allgermanischen Heidnischen Front
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Hagal-oder Hagalaz-Rune | Wappen der 6. SS-Gebirgsdivision und das Symbol der Neonazigruppe “Vandalen” | |
Verschiedene Varianten der Hagal-Rune
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Die “schwarze Sonne”
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u. A. Symbol des Thule-Netzes und des Thule-Seminars |
Nun gibt es suspekte Symbole, die weder verboten sind, noch selbst bei harter Auslegung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellen. Jene Symbole, die einen schnell in den Verdacht bringen, ein Neo-Nazi zu sein.
Weniger bei der Antifa als bei sonst unpolitischen besorgten Bürgern schlägt die Besorgnis über rechtsextreme Umtriebe mitunter in Hysterie um. (Wobei es „die” Antifa an sich nicht gibt: das antifaschistische Spektrum reicht von christlich orientiert bis knallhart maoistisch. Entsprechend unterschiedlich ist die Haltung z. B. zur Religion, zur Gewalt, zur Meinungsfreiheit oder zum Staat Bundesrepublik Deutschland.)
Diese Hysterie – „Hilfe, überall Nazis!” – hat fatalerweise den Ruf nach dem „starken Staat” zur Folge. Zur Freude von autoritären Law & Order-Politikern, die nicht selten selber einen starken Rechtsdrall haben. Sie führt auch dazu, dass offen erkennbare Neonazis mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken als sie es verdienen, und dafür gefährliche rechtsextreme Tendenzen „aus der Mitte der Gesellschaft” glatt übersehen werden. Ohne die viel geschmähte Antifa würde das Problem der heimlichen Nazis im Maßanzug noch mehr zugunsten der Stiefelnazis verdrängt werden, als dies ohnehin der Fall ist.
Wer hysterisch ist, der differenziert nicht mehr. Und achtet vor allem auf Äußerlichkeiten. Eine erzbraune Gesinnung sieht man nicht. Schnürstiefel schon. Was dazu führte, dass an einigen Schulen das Tragen bestimmter Kleidungsstücke wie Bomberjacken kurzerhand verboten wurde. Oder Sweatshirts der Firma „Lonsdale”, einer Firma übrigens, die sich ausdrücklich von ihren „Nazi-Kunden“ distanziert. Wegen der im Namen enthaltenen Buchstabenfolge „nsda” wird sie gern von Neonazis getragen- und von einigen zehntausend Nicht-Neonazis, die das meistens nicht einmal ahnen.
Es ist oft reine Kosmetik: „Sehen Sie hier auf dem Schulhof irgendwelche rechtsradikalen Jugendlichen?”
In diesem Klima ist es kein Wunder, wenn nicht nur Thorshammer, Keltenkreuze und Runen, sondern sogar Wikinger-T-Shirts in manchen Gegenden offene Anfeindungen nach sich ziehen können.
Nun soll hier nicht lang und breit erläutert werden, warum immer wieder „neues Heidentum” und „Nazis” miteinander gleichgesetzt werden. Der wichtigste Grund: Es ist nun leider einmal so, dass alte wie neue Nazis alles Germanische und manches Keltische für sich vereinnahmten. Und diese Gleichsetzung wurde von vielen Nicht-Nazis glatt übernommen, so dass das NS-geprägte Bild der Wirklichkeit immer noch unsere gesellschaftliche Wirklichkeit mitbestimmt. Ein drastisches Beispiel ist die nur vor dem Hintergrund der „Nürnberger Gesetze” verständliche gängige Phrase „von Deutschen und Juden”. Die Nazis grenzten deutsche Juden von den übrigen Deutschen aus – und dabei blieb es. Bis heute!
Fatal für Heiden wirkt sich die Verdrängungshaltung der christlichen Kirchen aus: Um die mehr als nur dubiose Rolle der beiden großen Amtskirchen in der NS-Zeit zu bagatellisieren, entstand das Bild vom generell „neuheidnischen” NS-Staat und vom tapferen kirchlichen Widerstand. (Widerstand leisteten einige beherzte Christen, nicht die Kirchen! Selbst die „Bekennende Kirche” verhielt sich zum NS-Staat loyal.) Das Bild vom „Heidenstaat” drang bis in einige Schulgeschichtsbücher vor, trotz des Konkordats zwischen Nazideutschland und dem Vatikan, und obwohl Adolf Hitler und fast alle anderen Nazigrößen bis zuletzt brave Kirchensteuerzahler waren.
Hinzu kommt, dass nicht nur wegen des Nazi-Germanenkultes, sondern auch wegen des Barbaren-Klischees die alten Germanen und die neuen Verehrer ihrer Götter eine schlechte Presse haben. Wer sich mit so rückschrittlichen, brutalen und zivilisationsunfähigen Barbaren identifiziert, mit dessen Humanität kann es nach dieser Logik nicht sehr weit her sein.
Es gibt deshalb durchaus ernst zu nehmende Stimmen, die ein generelles Verbot aller Runen und verwandten Zeichen fordern – ausgenommen lediglich Publikationen anerkannter Fachhistoriker. (mehr hierzu im Exkurs zur “Null Toleranz”-Strategie).
Als „Nazi-Kennzeichen” beargwöhnte heidnische Symbole:
Thorshammer | ||
Eiwatz- bzw. Eiwaz-Rune | sieht angeblich der verbotenen Sig-Rune zum Verwechseln ähnlich | |
Triskele mit runden Armen | “Ein Hakenkreuz bleibt ein Hakenkreuz, egal wie viele und wie krumme Arme es hat.” | |
Valknot oder Valknut – Wodansknoten | ||
“Sonnenrad” oder Radkreuz | manchmal als Ersatzsymbol für das Hakenkreuz missbraucht. | |
Irminsul
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wird von verschiedenen rechtsextremen Vereinigungen, u. A. der rassistischen “Artgemeinschaft”, verwendet. |
Bislang unverdächtig:
“Kopfstehende Algiz-Rune (”Totenrune”) im bannenden Kreis”
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Symbol der Atomwaffengegner, steht offiziell für ND (Nuclear Disarment) im Winkeralphabet. | |
Dienstgradabzeichen “Hauptfeldwebel” bei der Bundeswehr |
Zurück zu den Heiden. Sie werden in Deutschland nicht verfolgt, meistens sogar nicht einmal sonderlich beargwöhnt. Warum auch? Spätestens seit der Eso-Welle wird unkonventionelle Spiritualität nicht mehr automatisch mit „Sekte” und nicht mehr jedes Pentagramm mit „Satanismus” gleichgesetzt.
Wenn Heiden beleidigt, diskriminiert, verdächtigt oder sogar angegriffen werden, dann geschieht das in den seltensten Fällen deshalb, weil sie einer „exotischen” Religion anhängen, sondern meistens, weil sie für etwas gehalten werden, was sie in aller Regel nicht sind. Für Neo-Nazis zum Beispiel.
Wer aus unangenehmen Erfahrungen mit übereifrigen Bürgern, die fast immer nur Vorurteile haben, den Schluss zieht, er oder sie sei „verfolgter Heide”,geht allzu leicht braunen Bauernfängern auf den Leim, z. B. der eindeutig rechtsextremen „Artgemeinschaft”, die sich immer wieder gern als „religiös verfolgt” darstellt.
Martin Marheinecke
Aktualisiert: am 12. 02. 2006
Beide Formen sind archäologisch belegt – und keine ist verboten. (Sonst würde der Valknut auch nicht auf der Seite über „suspekte Symbolen“, sondern der über „verbotene Symbole“ auftauchen.)
Was haltet Ihr davon?
http://m.haz.de/Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Saechsischer-SEK-Beamter-trug-Rechten-Symbol
Zwei Dinge: 1. Das gezeigte Symbol ist kein „rechtes Symbol“ – mir ist kein Fall bekannt, in dem „Odins Raben“ (missbräuchlich) so verwendet wurden.
Allerdings halte ich es für gut möglich, dass es heutzutage tatsächlich in der „rechten Szene“ genutzt wird. Sie sind ja ständig auf der Suche „unbelasteten“ Symbolen. (Siehe Artikel.)
2. Private Abzeichen an Polizeiuniformen sind verboten. Wenn ein Polizist des SEK dagegen verstößt, wird er dafür einen Grund haben. Wäre dieser Grund „religiöser“ Natur, hätte der Polizist wahrscheinlich ein bekannteres Symbol verwendet. Bloßes Interesse an nordischer Mythologie oder der Wikingerzeit würde meines Erachtens nicht ausreichen, um gegen ein klar ausgesprochenes Verbot zu verstossen.
Damit ist die Vermutung, dass der Polizist damit eine „völkischen“ Gesinnung anzeigen will, nicht von der Hand zu weisen.