Spiegel online über Ásatrú auf Island
Überraschend guter Artikel auf „Spiegel online“:
Respekt für die Natur! Ehre den Vorfahren! Die Mitglieder der isländischen Asatru-Gemeinde glauben nicht an einen allmächtigen Gott, dafür an die pragmatischen Lebensweisheiten der Wikinger. Ihr Anführer ist ein bekannter Filmmusiker – Henryk M. Broder hat ihn besucht.
Asatru-Religion in Island
Weisheit der Wikinger (Spon)
Die „Bibel“ der Heiden ist das „Lied des Hohen“, eine etwa 1000 Jahre Sammlung von Versen aus der Zeit der Wikinger.
ist allerdings ein etwas schiefer Vergleich. Grundsätzlich ist Ásatrú keine Offenbarungsreligion, das heißt auch, dass es keine heilige Schrift – oder überhaupt einen „exklusiven Zugang zu den Göttern“ – geben kann.
Das „Lied des Hohen“ (Hávamál) stammt aus dem Codex Regius, der Lieder-Edda. Auch wenn das „Lied“ (eine Zusammenstellung von Lehrgedichten), wie Textvergleiche zeigen, wahrscheinlich auf Überlieferungen aus heidnischer Zeit zurück geht, wurde es erst im späten 13. Jahrhundert, also über 200 Jahre nach der Christianisierung, niedergeschrieben.
„Wir kennen keine Sünde, keine Gnade, keine Vergebung, keine Heiligkeit, kein Fegefeuer und kein Leben nach dem Tode.“
ist übrigens die persönliche Aussage Hilmar Örn Hilmarssons. Obwohl Hilmar der Hoch-Gode (der Allsherjargoði) der Ásatrúarfélagið ist, hat er keine „religiöse Deutungskompetenz“, schon gar nicht für Ásatrúar, die nicht der Ásatrúarfélagið angehören. Es gibt z. B. auch Ásatrúar, die an ein Leben nach dem Tode glauben, und auch solche, die von einer Reinkarnation überzeugt sind. Ásatrú ist in der spirituellen und rituellen Praxis tatsächlich sehr diesseitsorientiert, und das Totenreich Hel ist mit der „Hölle“ nur sprachlich verwandt.
Auch wenn man über Henryk M. Broder sehr geteilter Ansicht sein mag, vor alle hinsichtlich seiner Haltung zu Moslems, ist er unstrittig ein echter Experte für Rechtsextremismus und Antisemitismus. Er ist außerdem sehr misstrauisch gegenüber Lippenbekenntnissen. Anders gesagt: wenn Broder keine „braune Flecken“ im isländischen Ásatrú findet, sind da nach menschlichem Ermessen auch keine.