Odins Auge Artikel

Netzwerk HOLON – eine Nachbetrachtung

Vor mitlerweile zehn Jahren verfasste ich den Artikel „Netzwerk HOLON – Wer liegt mit wem im ökospirituellen Bett?“

Aus heutiger Sicht ist der Artikel teilweise veraltet – und ich würde das Thema heute anders angehen. Dennoch lasse ich ihn, quasi als „Zeitdokument“, unverändert auf der „Nornirs Ætt“-Website. Vor allem, da sich die Ideologie, soweit ich es erkennen kann, nicht geändert hat. Auch hier gilt: Personen und Namen wecheln, aber Strukturen bleiben bestehen.

Was hat sich seit damals geändert? Den Verein „HOLON – Netzwerk für integrale Entwicklung“ gibt es nach wie vor, in der Schweiz und auch in Deutschland. Allerdings ist die Liste der Organisationen, die dort Mitglied sind, anscheinend kürzer geworden. Die Partei „Die Violetten“, die damals „nur“ inhaltlich kooperierte, wurde 2009 Mitgliedsorganisation – oder, wie es die damalige Vorsitzenden, Gudula Blau, ausdrückte, unterwandert. (Was kleinen Parteien blühen kann.) Diese Aktion und die Folgen zeigen meiner Ansicht, dass HOLON in der Tat ein gestörtes Demokratieverständnis hat.
Gut bekommen ist den „Violetten“ die „feindliche Übernahme“ offensichtlich nicht: Nach Aussage eines Ex-Mitgliedes der „Violetten“ wurde die Partei von „Gandalf Lipinski (Vorsitzender HOLON Deutschland, M. M.) regelrecht versenkt.“ Wenn die Partei damals eine typische Splitterpartei war, so ist sie heute, trotz immer noch sechs Landesverbänden, völlig bedeutungslos: Bei der Bundestagswahl 2013 trat die Partei nur noch in Bayern an und erzielte dort 2.516 Erst- (0,0 %) und 8.211 Zweitstimmen (0,0 %). Immerhin: sie hatte noch mehr Wähler als Mitglieder …

Eine Parallele erkenne ich zum „Rabenclan“, denn diesem heidnischen Verein tat die Mitgliedschaft zur Konvergenz-Gesellschaft und damit bei HOLON auch nicht gut. Die zeitweilige Vorsitzende und ihr eifrig internen Lobbyismus betreibender Lebengefährte etablierten eine die Sexualilität instrumentalisierende (und damit freundlos machende), letzten Endes auf Duhm zurückgehende, esoterische “Vögeln für den Frieden”-Ideologie. Das und die damit einhergehende mangelnde Transparenz führten vor gut 10 Jahren ja auch zum Bruch zwischen „Rabenclan“ und Nornirs Ætt. Inzwischen hat sich die Lage längst wieder beruhigt und die „ökospituelle“ Ideologie im „Rabenclan“ an Einfluss verloren, dennoch hat dieser Verein nie wieder die Bedeutung erlangt, die er in den ersten Jahren nach seiner Gründung hatte.

Ich habe den Eindruck, dass HOLON außerhalb der „ökologischen Esoterik-Szene“ kaum noch Bedeutung hat – welche Bedeutung das Netzwerk innerhalb der Szene hat, kann ich nicht beurteilen. Meine damalige Befürchtung, gemeinsame koordinierte Aktionen verschiedener Holon-Teilnehmer könnten eine beachtliche gesellschaftliche “Sprengwirkung” entwickeln, war offensichtlich übertrieben.

Seinerzeit ist mir vorgeworfen worden, ich würde eine „Verschwörungstheorie“ konstruieren – viele der angegebenen Organisationen, Vereine, Unternehmen und Einzelmenschen hätten in Wirklichkeit doch gar nichts miteinander zu tun.

Ich konnte problemlos belegen, welche Organisationen damals zu HOLON gehörten, denn das war öffentlich. Die meisten von ihnen sind nachweislich immer noch dabei. „Dynamik 5“ ist mit HOLON verschmolzen, bzw. wurde assimiliert.
Etwas anders sieht es beim ehemaligen „offenen Netzwerk“ MEIGA aus. Das ZEGG ist nach wie vor mit HOLON verbunden. Allerdings ist die Beziehung zwischen dem „Heilungsbiotop Tamera“ in Portugal und dem „Zentrum für Experimentelle Lebensgestaltung“ bei Bad Belzig bei Berlin, jedenfalls von Außen gesehen, nicht gerade innig. Inwieweit das aufrichtig oder nur der „De-Duhmisierungskampagne“ des ZEGG geschuldet ist, kann ich nicht beurteilen. Immerhin hatten sich die Projekte ZEGG und Tamera schon Ende der 1990er Jahre formal getrennt – aus welchen Gründen auch immer.
Im Jahre 2007 veröffentlichte das ZEGG eine Presseerklärung, in der es behauptete:

„Dieter Duhm, auf dessen Idee die Gründung des ZEGG zurückgeht, war von den Konzepten der früheren AAO-Kommune Otto Mühls anfänglich begeistert, hat sich aber schon 1979 endgültig von Otto Mühl und der AAO distanziert und getrennt.“

Fragt sich, wozu diese Erklärung gut sein sollte, wo doch das ZEGG nach eigenen Angaben nicht viel mit Duhm zu schaffen hat, es ihm also eigentlich ziemlich egal sein könnte, wie Duhm zu Otto Muehl steht. Jedenfalls versucht das ZEGG seit ca. 2007 seine Verbindung zu Duhm herunterzuspielen. Angeblich hätten Duhm und Sabine Lichtenfels nie im ZEGG gewohnt – was an und für sich egal ist, denn offensichtlich waren sie an der Gründung beteiligt. Die „De-Duhmsierung“ hatte ich 2005 übrigens erwartet, sie kam sogar später, als ich damals vermutet hatte.
Ob die De-Duhmisierung einem echten Lernprozess entsprang, reine Imagepflege oder das Ergebnis eines internen Machtkampfs ist, lässt sich anhand der mit bekannten Quellen nicht sagen. Das ZEGG ist, wie übrigens auch HOLON, so transparent wie Milchglas.

Das ZEGG firmiert auf seine eigenen Website als „ZEGG – Forschungs- und Bildungszentrum gGmbH“. Obwohl das ZEGG seit 2014 als gemeinnütziges Bildungszentrum anerkannt ist, also nicht gewinnorientiert arbeitet, haben dort auch mehrere kommerzieller Anbieter auf dem Psychomarkt ihren Sitz. Die ZEGG gGmbH ist die Eigentümerin des Geländes und der Gebäude sowie Trägerin des Tagungsbetriebs. So weit, so gut – mit Dienstleistungen Geld zu verdienen, ist ja nicht verwerflich. Allerdings sind nach meiner Ansicht nach glaubwürden Angaben alle erwachsenen und dauerhaften Bewohner verpflichtet, eine Unterbeteiligung an der ZEGG gGmbH zu erwerben. Es stellt sich die Frage, wieso das ZEGG dann nicht, was nahe läge, als Genossenschaft organisiert ist. Ich vermute, dass das daran liegen könnte, dass eine eingetragenen Genossenschaft (eG) oder auch eine eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung (eGmbH), weitaus transparenter agieren muss, als eine „gewöhnliche“ GmbH.
Völlig getrennte Wege gehen ZEGG und Tamera anscheinend nicht, denn immerhin gehören beide nach zum „Global Ecovillages Network“, GEN, in dem sogenannte Ökodörfer organisiert sind. Dabei fällt die stark „New Age esoterische“ Agenda des GEN auf. Anscheinend gibt es in ihm keine ökologischen Siedlungsprojekte, die nicht ökosprituell geprägt wären. Ab ca. 2003 befand sich das Europa-Büro des GEN-Europe in Räumlichkeiten des ZEGG, heute liegt es im Ökodorf „Sieben Linden“ in Beetzendorf, Sachsen-Anhalt.

Was mir sowohl beim ZEGG, wie bei HOLON und übrigens auch bei Tamera auffällt, ist, dass die Selbstdarstellungen in unterschiedlichen Medien mehr oder weniger voneinander abweichen können, bis hin zu deutlichen Widersprüchen. Auch offensichtlich ist, dass der Wikipedia-Artikel mehrmals um kritische Punkte bereinigt bzw. „geschönt“ wurde. (Die Wikipedia ist ja durchaus transparent.) Der Artikel zu „Tamera“ ist eher unergiebig, allerdings war die ursprüngliche Version eine werbende Selbstdarstellung – es scheint einen regelrechten „Edit-War“ gegeben zu haben.
Soweit das – es ist nicht einfach, zuverlässige Fakten über die ökospirituelle Szene herauszufinden. Wahrscheinlich wäre dazu investigativer Journalismus der härteren Sorte, ich meine damit u. A. Under-Cover-Journalismus, nötig.

Oben schrob ich, dass ich heute anders an das Thema herangehen würde. Auch wenn HOLON selbst nach eigenen Angaben ein „Netzwerk“ ist, geht es beim Ökospiritualismus doch eher um eine Szene. Innerhalb einer Szene kennt jeder irgendwie jeden, und viele haben bei vielen Gelegenheiten miteinander zu tun, und man teilt auch die Weltanschauung, jedenfalls im Großen und Ganzen. Aber dass jeder jeden irgendwie kennt, heißt nicht unbedingt, dass man organisiert zusammenarbeitet oder dass gar übergeordnete Steuerungsstrukturen vorhanden wären. Das bedeutet: Statt „Wer liegt mit wem im ökospirituellen Bett?“ würde ich heute eher fragen: „Wer hat woher welche ökospirituellen Ideen?“ Denn obwohl HOLON wahrscheinlich eine eher marginale Bedeutung hat, ist die Ideologie, die dahinter steht, ja nicht nur unter Esoterikern ziemlich einflussreich.

Martin Marheinecke, Juni 2015

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