Germanen im Schulunterricht

18. März 2020 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog, Ætt Feature

Einer der wichtigsten Gründe, weshalb die Germanenideologie der Völkischen (einschließlich der Nazis) immer noch verfängt, ist mangeldes Wissen über „die Germanen“.

Die Schuld an diesem Mangel wird oft beim Geschichtsunterricht gesehen, in dem „die Germanen“ kein Thema seien.
J Birke, Geschichtslehrer in Baden-Würtemberg und Ættling, hat ein paar kleine Zweifel:

1. Teilweise werden Germanen im Geschichtsunterricht – zumindest in BW – wieder behandelt: Einmal beim Thema „Römer – Germanen – Limes“ (vielleicht eher in Süddeutschland) und dann bei der Völkerwanderungszeit und der Christianisierung Europas und bisschen bei Karl dem Großen.Die Bildungspläne bevorzugen aber natürlich die Hochkulturen Ägypter-Griechen-Römer, und die Germanen sind nur der „Übergang“ von Römern ins Mittelalter im „chronologischen Durchgang“. Aber wie soll man es sonst machen? Chronologischer Durchgang ist in Sek I sinnvoll. Für die Steinzeit sind keine Stunden vorgesehen. Will man also diese trotzdem unterrichten, muss man sie von den restlichen Themen abzwacken. Eigentlich sind auch nur für Ägypter, Griechen ODER Römer Stunden vorgesehen. Also muss man auch da wieder abzwacken. Will man also mit 1-2 Stunden/Woche in einem Schuljahr von der Entstehung des Menschen bis zu Karl dem Großen kommen, dann muss man mangelwirtschaften.
Die Realität sieht so aus: 1-2 Stunden für die Wikinger ist Luxus und ein Ausflug oder Krankheitstag und die Wikinger fliegen raus. Oder eben was anderes, aber da die vorgegebenen Themen irgendwie behandelt werden sollen… Und bei den Germanen ist es ähnlich. Macht man da zwei Stunden mehr und nicht nur Limes, dann fliegen halt die Kelten raus. In den folgenden Schuljahren ist es genauso: In Klasse 9 soll nun mit zwei Schulstunden/Woche vom Ersten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung gelehrt werden. In der Regel muss der WKI aber noch behandelt werden, weil Klasse 8 irgendwie von Absolutismus/FranzösischeRevolution bis zum Ersten Weltkrieg kommen soll. Da bleiben dann halt vielleicht 7 Stunden für die Weimarer Republik, falls man zum NS auch noch was lehren will…Also Zwischenstand:Lehrkräfte hätten die Freiheit die Germanen zu behandeln und die Schulbücher und Lehrpläne klammern das Thema auch nicht mehr aus wie früher, aber die Geschichtsstunden werden mit jeder Reform weiter nach unten gekürzt, sodass eh nur alles oberlächlich und im Schnelldurchlauf behandelt werden kann. Manche Schularten (Werkrealschulen-ehemal. Hauptschulen) haben den Geschichtsunterricht sowieso abgeschafft und in den Sozialkundeunterricht integriert, wo er nicht mehr nennenswert stattfindet.

2. Ich weiß ehrlichgesagt auch nicht, ob ein Unterricht über Germanen bei 12-jährigen so viel bewirkt. Sonderlich fachlich tief und differenziert wird der nicht werden. Sicher kann man denen auch da was didaktisch-reduziertes beibringen, wie jetzt schon bei den Römern, ist halt trotzdem immer bisschen leicht unter Was-ist-was-Buch-Niveau und sehr spielerisch. Die meisten 10-Klässler erinnern sich nicht daran, je die Römer im Unterricht gehabt zu haben, wenn da nicht ein Ausflug in ein Museum o.ä. stattfand. Ich mach auch immer das Genderthema beim Jagen und Sammeln in der Steinzeit und die Neolithische Revolution ausführlich, auch die Entstehung der ersten Klassengesellschaften, Raub, Krieg usw. – aber halt alles im KiKa-Modus. 🙂

3. Ich hab bei homophob-erzogenen und islamistischen Kindern auch die Erfahrung gemacht, dass die gerne auf Durchzug stellen und auf dem Flur den Mitschülern sagen „Mein Papa sagt, das sind alles Lügen. Glaub der Lehrerin nichts!“ Auch da bisschen Bezweiflung.

Zusammenfassung: Es gäbe gar nicht genug Unterrichtsstunden für mehr Germanen, außer auf Kosten von Römern oder Mittelalter …- Die sind erst rund 12 Jahre alt, dementsprechend altersgemäß …- Wenn die Lehrerin 4 Stunden was über Germanen erzählt, stehen dem 100 Stunden Nazierzählung über Germanen daheim entgegen.

Fazit: Fände mehr Germanen im Unterricht sinnvoll, aber nur mit mehr Stunden, sonst unrealistisch. Außerdem wäre eine reflektierte Germanendarstellung in den Medien viel effektiver. Es ist in Studien nachgewiesen, dass das Geschichtsbild sich zu einem Teil zwar aus dem Unterricht bildet, aber der Großteil kommt von Eltern und vor allem den Medien (Filme, PC-Games, Musik, Zeitungen, Dokus usw.).

Soweit paar Überlegungen von mir. ..

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