2. Warner, Mahner, Misanthropen
Die „heimliche Religion“ mit ihrer Ideologie der sich rächenden Natur sollte nicht mit der Gaia-Hypothese, der zufolge das Leben auf der Erde einen sich selbst regulierenden Gesamtorganismus bildet, oder mit der mystischen Vorstellung von einem Gesamtbewusstsein der Erde verwechselt werden: In beiden Fällen sind wir Menschen natürlicher Bestandteil des Organismus „Erde“ und stehen ihr nicht als etwas Getrenntes gegenüber. Pfleglicher Umgang mit der Erde und mit ihren belebten und unbelebten Bewohnern / „Organen“ ist deshalb in unserem eigenen Interesse geboten – wir schneiden uns mit Umweltverschmutzung und Vernichtung unserer Mitbewohner buchstäblich ins eigene Fleisch. Hingegen ist die verbreitete Vorstellung, wir seien eine Art Parasiten auf einer Erde, die uns im Grunde los sein möchte, eher entmutigend für ökologisches Denken und Handeln.
Ihre deutlichsten Spuren hinterlässt die „heimliche Massenreligion“ der stets um der nächsten Ecke drohenden globalen Umweltkatastrophe im Umwelt-Journalismus.
Warner
Viele Umweltschützer nutzen den Multiplikator Massenmedien, um auf Missstände hinzuweisen, um Alternativen aufzuzeigen, kurz, um etwas zu bewirken. Sie betätigen sich als Warner. Und in der Tat ist es so, dass es ohne die unermüdlichen Warner sehr viel schlechter um die konkrete Umweltsituation bestellt wäre, und dass ohne aufgeschlossene Journalisten diese wichtigen Warnungen ungehört verhallen würden. Ohne Rachel Carsons Buch „The Silent Spring“ gäbe es vielleicht wirklich keine Singvögel mehr.
Warner sind enorm wichtig – ohne sie wäre weder eine Umweltbewegung noch Umweltpolitik denkbar.
Es gibt jedoch eine hysterische Form der Problemwahrnehmung, die genauso blind macht wie die Verdrängung und Verleugnung von Problemen. Wer nämlich, wie der Hirtenjunge in der Fabel, zu oft „Wolf“ ruft, ohne dass wirklich Gefahr besteht, dem glaubt man nicht, wenn dann der „Wolf“ wirklich in der Herde ist. Ein typisches Beispiel ist das Dilemma bei Hochwasserwarnungen – wurde zwei Mal vor Überschwemmungen gewarnt, die dann nicht kamen, weil sich die genaue Höhe eines Hochwassers nur schwer vorausberechnen lässt, dann bleibt die dritte Warnung erfahrungsgemäß ungehört – oft mit katastrophalen Folgen. Auf vielen Gebieten sind Fehlprognosen unvermeidlich – weder das Wetter, noch die Verkehrsentwicklung, noch die Entwicklung des höchst dynamischen „ökologischen Gleichgewichts“ in einem Biotop sind langfristig berechenbar, alle Angaben sind im Grunde Schätzungen. Deshalb wiegen „falsche Alarme“ aus Wichtigtuerei, Hysterie oder Sensationsgier besonders schwer – echte Warnungen könnten untergehen.
Mit nachweislich falschen und übertriebenen Darstellungen bringen sich Umweltschutz-Organisationen um ihren guten Ruf. Ein drastisches Beispiel für eine einst auch bei ihren Gegnern angesehene Organisation, die viel von ihrem guten Ruf – und damit ihrer politische Schlagkraft – verspielt hat, ist Greenpeace. Der bekannteste Greenpeace-Flop war die Kampagne gegen die Versenkung der Ölförderplattform Brent Spar, bei der Greenpeace sowohl die in der Plattform verbliebenen Restölmenge wie die ökologischen Folgen einer Versenkung drastisch übertrieb. Ein peinlicher Flop war auch die „Ozonloch-Kampanie“ vor den olympischen Sommerspielen 2000 in Australien – Greenpeace versorgte die Öffentlichkeit mit drastischen Berichten darüber, welche dramatischen Folgen die infolge des Ozon-Abbaus gestiegenen UV-Strahlung in Australien schon hätte. Leider zeigte die Berichterstattung von den größtenteils im Freien abgehaltenen Spielen, dass die Wirklichkeit unter australischer Sonne längst nicht so dramatisch war. Die Folge: Ozonloch-Storys werden weniger ernst genommen, auch wenn sie durchaus ernst sind. In jüngerer Zeit erweisen übertriebene Behauptungen aus dem Hause Greenpeace über die Gefährlichkeit von „Gen-Nahrung“, die sich leicht widerlegen lassen, der Kampagne gegen genetisch verändertes Saatgut einen Bärendienst.
Wenn also „Enten“ der guten Sache Umweltschutz so sehr schaden, wieso werden, meist ohne bösen Willen, immer wieder falsche oder drastisch übertriebene „Öko-Warnungen“ lanciert?
Eine Antwort mag die viel beklagte „Aufmerksamkeitsökonomie“ sein – nur schockierende Sensationen schaffen es noch in die Massenmedien. Eine andere liegt in der problematischen Ansicht, ein guter Zweck heilige auch fragwürdige Mittel. Diese Ansicht findet sich nicht nur bei Umwelt-Organisationen, sie findet sich vor allem bei jenen, die eigentlich daran interessiert sein sollten, Fehlinformationen frühzeitig zu entlarven: die Journalisten.
Viele Journalisten, vor allem in Deutschland, neigen leider zum Gesinnungsjournalismus. Ein Gesinnungsjournalist weiß meist im Voraus, was er am Ende der Recherche schreiben wird. Er weiß, wen er bevorzugt, wen er gar nicht und wen er nur mit geringschätzigem Unterton zitieren darf. Betroffenheit zeigen und Betroffenheit erzeugen ist ihm wichtiger als informieren und aufklären. Gesinnungsjournalisten verstehen sich als Vorkämpfer des „Guten“ in einer bösen Welt. Deshalb stoßen sie gerne Warnungen vor angeblich drohenden Missständen oder Katastrophen aus. Ein besonders fruchtbares Biotop für Gesinnungsjournalisten ist der Umwelt-Journalismus.
Mahner
Neben den bereits erwähnten Warnern gibt es andere Umweltschützer (im weitesten Sinne), die ihre Warnungen gleich mit einer passenden Ideologie und konkreten Handlungsanweisungen, die der besorgte Bürgern nur noch ausführen muss, versehen: Die Mahner. Einige von ihnen sind Politiker, andere Publizisten, wieder andere Aktivisten bei Organisationen wie „Greenpeace“. Die meisten von ihnen sind treue Anhänger der „heimlichen Religion“.
Ein klassisches Beispiel einer solchen „Mahnung“ war das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ (1972). Es enthält zunächst einmal eine aus einer nach heutigen Begriffen primitiven und mit unzureichenden Daten arbeitenden Computersimulation abgeleiteten Warnung vor einer drohende Verknappung der Rohstoffe und damit verbunden einer Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen in der nächsten Zukunft. Heute ist diese Zukunft zum größten Teil bereits Vergangenheit, und alle Prognosen aus „Die Grenzen des Wachstums“ für das Jahr 2000 haben sich als unzutreffend erwiesen.
Dennoch war diese Warnung keineswegs eine der oben genannten „Enten“. Die Autoren der Studie wussten es selbst nicht besser, ihre Computerprogramme wie ihre Rohdaten waren Stand der damaligen Zeit, und die Warnung trug immerhin zum Nachdenken über die Endlichkeit der Erde und ihrer „Rohstoffquellen“ bei. Vielleicht trafen einige der Furcht erregenden Prognosen von damals deshalb nicht ein, weil sie seinerzeit ernst genommen wurden und deshalb „gegengesteuert“ wurde.
Was „Die Grenzen des Wachstums“ problematisch machte, war nicht die „Warner-„, sondern die „Mahner“-Funktion des Buches. Wie Bußprediger mahnten die Autoren zur „Bescheidenheit“ und Selbstbeschränkung. Dass sie dabei unhinterfragt den Wachstumsbegriff der klassischen kapitalistischen Ökonomie im Sinne von Wirtschaftswachstum übernahmen, und diesen sogar noch auf „Wachstum der Produktion“ einengten, verstärkte den Charakter einer Mahnung zur Buße noch.
Von nun an lautete eine populäre Forderung vieler Umweltschützer „Nullwachstum“, in Verkennung der Erfahrung, dass wirtschaftliche Stagnation nicht zu weniger Umweltverschmutzung, sondern zu weniger Umweltschutz führt. (Damit soll keineswegs gesagt werden, dass die primitive, aber gern geglaubte Ideologie, die im möglichst großen Wirtschaftswachstum das Allheilmittel für alle Probleme sieht, auch nur zum Teil wahr sei.)
Ein sehr prominenter „Mahner“ der damaligen Zeit war Paul Ehrlich („Die Bevölkerungsbombe“). In dem von Alvin Toffler 1973 herausgegebenen „Kursbuch für das Dritte Jahrtausend“ ist ein Zukunfts-Szenario Ehrlichs aus dem Jahr 1972 enthalten:
Ehrlich sagte voraus, dass die Hälfte der 3,5 Milliarden Menschen, die 1972 auf der Erde lebten, verhungern würde. Den biologischen Tod aller Meere datierte er auf 1979. Außerdem würden kaum noch Pflanzen wachsen, weil das Sonnenlicht nicht mehr durch die verschmutzte Luft dringen könnte. Die Lebenserwartung in USA werde 1980 auf 42 Jahre sinken. Ab 1974 muss das Wasser in Nordamerika rationiert werden und Seuchen breiten sich aus. Da fällt das gleichzeitige Aussterben fast aller Tierarten eigentlich kaum noch ins Gewicht.
Wohlgemerkt, Ehrlich schrieb keine Science Fiction, er meinte seine Horror-Szenarien vollkommen ernst!
Eine weiteres Buch, dass sich als „Warnung“ verstand, aber oft als „Mahnung“ verstanden wurde, war die 1980 erschienene Studie „Global 2000“, die von US-Präsident Carter in Auftrag gegeben wurde und für die sogar zuvor geheim gehaltene Informationen des CIA ausgewertet wurden. Kennzeichnend für „Global 2000“ war, dass die Szenarien und Hochrechnungen durchweg von sehr pessimistischen Annahmen ausgingen. So sagte sie voraus, dass die Preise für Nahrungsmittel bis zum Jahr 2000 weltweit zwischen 35 und 115 Prozent ansteigen würden. In Wirklichkeit sind sie um 50 Prozent gefallen – was auch Probleme aufwirft, wie die Verarmung der Kleinbauern, es gibt aber immerhin keine globale Hungerkatastrophe. Selbst da, wo „Global 2000“ reale Bedrohungen aufzeigte, wie die Ausdehnung der Wüsten, erwies sich die Studie als viel zu pessimistisch – sie ging davon aus, dass sich die Wüsten zwischen 1980 bis 2000 um fast zwanzig Prozent vergrößern würden. Gerade der extreme Pessimismus – der als „schonungslose Wahrheit“ verstanden wurde – erwies sich als das schlagende Verkaufsargument dieses Buches.
Für die noch junge Öko-Bewegung der 70er Jahre markierten „Die Grenzen des Wachstums“ und die „Ölkrise“ dieser Jahre (die alles andere als eine Rohstoff-Knappheitskrise war) den Wandel weg von den im Grunde optimistischen „Frieden mit der Natur“-Idealen der Hippiezeit, hin zu einem angsterfüllten Pessimismus. Der fröhlich-bunte Hippie-Lebensstil und die Suche nach „anderen“ Lebensformen und einer „besseren“ Technologie überlebten zwar mindestens bis in die 80er Jahre in den Nischen der Alternativkultur, aber der „Mainstream“ der Umweltbewegung dachte zunehmend in Begriffen der christlichen Apokalypse. Nicht von ungefähr kamen viele „Öko-Politiker“ der ersten Stunde aus dem christlich-konservativen Lager. Prominentester deutscher Vertreter dieser Richtung war Herbert Gruhl, CDU-Politiker, Autor des Bestsellers „Ein Planet wird geplündert“ und später Mitbegründer der GRÜNEN.
Das derzeit wichtigste Thema der „Mahner“ ist die Erderwärmung. Obwohl sie als gesicherte Tatsache gelten kann, und auch ein anthropogener (menschengemachter) Anteil an der Zunahme der globalen Durchschnitttemperaturen in den letzten 150 Jahren weitgehend unstrittig ist, weichen die Szenarien verschiedener Institute durchaus voneinander ab. (Die meisten Modelle sagen bei eine Verdopplung des CO2 Gehalts der Atmossphäre einen Temperaturanstieg zwischen 1,5 und 4,5 Grad vorher. Es gibt aber auch „Horror-Studien“, die auf über 11 Grad kommen.) Da auch die Sonnenaktivität in den letzten Jahren zunahm, erweist es sich als schwierig zu bestimmen, wie groß der Anteil der auf menschliche Einflüsse zurückzuführenden Temperaturerhöhung gegenüber der natürlichen Erwärmung ist. Es gibt sogar – allerdings sehr umstrittene – Studien, die einen anthropogenen Einfluss völlig leugnen – und die nicht von den Ölkonzernen bezahlt wurden. Gesunde Skepsis bei extremen Aussagen ist angebracht, ganz gleich, ob sie den Klimawandel dramatisieren oder ob sie das Problem negieren und behaupten, es sei alles natürlichen Ursprungs. Und selbst wenn die extrem optimistischen Szenarien zutreffen sollten, ist es auch aus anderen Gründen angeraten, den CO 2-Ausstoß drastisch zu verringern.
In der breiten Öffentlichkeit dominieren allerdings die – manchmal sträflich vereinfachten – Untergangs-Szenarien. Ein Beispiel für eine Vereinfachung, die schon an Fälschung grenzt, ist die oft abgedruckte Mann-Kurve bzw. „Hockeyschlägerkurve“, die die globale Klimaentwicklung innerhalb der letzten 1000 Jahre als fast gerade horizontale Linie bis zum Jahr 1850 veranschaulicht, die dann in einen zunehmend steiler werdenden Anstieg übergeht. Starke natürliche Klimaschwankungen, wie die „kleine Eiszeit“ von ca. 1550 bis ca. 1750 oder das mittelalterliche Klimaoptimum, zu dessen Maximum die globalen Durchschnittstemperaturen höher waren als heute, werden Unterschlagen. (Mc Kitrick und Mc Intyre wiesen Michael Mann, auf dessen Untersuchungen die besagte Kurve beruht, Datenmanipulation nach, eine Forschungsgruppe um Hans von Storch entdeckte methodische Fehler in Manns Rechenmodel. Mehr zum Thema in folgendem als pdf Datei verfügbaren Artikel des Fachjournalisten Marcel Crok: Risse im Klima-Konsens)
Stattdessen bieten sogar einige ungewöhnlich milde Wintertage Anlass für besorgte Mahnungen. Mahnungen, bloß nicht zu vergessen, wie wir alle – egal, ob arm, ob reich, ob mit dem Fahrrad unterwegs oder dem Privatjet – uns an der Umwelt „versündigen“ – mit dem Resultat, dass schon in wenigen Jahren die ganze norddeutsche Tiefebene unter Wasser liegen wird. (Das ist selbst nach den pessimistischsten Prognosen eine maßlose Übertreibung, die dennoch in der Öffentlichkeit kursiert.)
Ein aktueller „Mahner“ ist Marko Ferst, in dessen 2002 herausgegebenen Buch „Plädoyer für eine ökologische Zeitenwende“ nicht nur Untergangszenarien, sondern auch „Lösungswege“ von ihm selbst, Franz Alt und Rudolf Bahro aufgezeigt sind. (Mehr zu Bahro und Alt im 3. Teil dieses Essays.) Dabei verwehrt er sich entschieden gegen „Entwarnende Bestseller, die uns nahelegen, es wird schon alles nicht so schlimm“ – womit er Werke wie „Apokalypse no!“ von Bjørn Lomborg oder „Das Lexikon der Öko-Irrtümer“ von Maxeiner/Miersch angreift, aber auch wissenschaftlich seriöse Studien, die nicht in das Bedrohungsszenario passen.
Mahner mit unverkennbar religiösen Untertönen gibt es selbst bei den ansonsten politisch fest etablierten GRÜNEN. Viele ursprünglich christlich-puritanische Mahnungen im Namen von Sitte und Moral werden heute mit Umweltschutzargumenten begründet. Es ist jedenfalls auffällig, wie oft „angenehme“ Dinge wie Tourismus (womöglich sogar mit dem Flugzeug!), Süßigkeiten (möglicherweise mit „Gen-Soja“), Genussmittel, Fleischkonsum, gut geheizte Innenräume, Autofahrten in der Freizeit, Verzehr von weither importierten Lebensmitteln etc. öffentlich als „Umweltsünden“ angemahnt werden, oft unabhängig von ihrem tatsächlichen Potential, die Umwelt zu schädigen.
Allerdings steht heutzutage zumindest bei den GRÜNEN und etablierten Organisationen wie „Greenpeace“ nicht mehr, wie noch in den 80er Jahren, der „Konsumverzicht“ im Mittelpunkt, sondern die Mahnung zum „ökologisch korrekten Konsum“ – durchaus im Sinne der oben erwähnten Öko-Spießer. In der Realität kann allerdings der viel gepriesene Öko-Joghurt „aus der Region“ ebenso viele LKW-Kilometer hinter sich haben wie der aus Italien importierte Mozarella, und es steckt wahrscheinlich mehr „fossile Energie“ in der heimischen Treibhaustomate als in der per Schiff aus den fernen Neuseeland importierten Kiwi. Das ein fairer Welthandel den Produzenten von Nahrungs- und Genussmitteln auch in den armen Regionen Afrikas, Lateinamerikas oder Südasiens hilft, wie es kein noch so gut gemeintes Hilfsprogramm könnte, oder wenigstens helfen könnte, wenn es diesen fairen Handel im großen Umfang gäbe, entgeht diesen Predigern der ökologischen Korrektheit in aller Regel.
Der Ideologie der „heimlichen Religion“ zufolge ist der Mensch parasitärer Störenfried eines harmonischen und gesunden natürlichen Gleichgewichts. Ohne uns Menschen würde überall und immer alles in Ordnung sein. Das weniger Schlimme an dieser Vorstellung ist das falsche, weil statische, Ökologieverständnis: Es gibt in der Natur keinen harmonischen Idealzustand, weshalb es beispielsweise aus der Sicht des Naturschutzes falsch ist, z. B. durch Blitzschlag entstandene Brände in naturnahen Wäldern zu bekämpfen.
Bezeichnend ist es, wenn beispielsweise der bereits genannte Spruch: „Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur“ als apokalyptischer Verstärker eher banaler Umwelttipps herhalten muss. (Dass solche Tipps in aller Regel sinnvoll sind, soll hier nicht bestritten werden.)
Misanthropen
Kommen wir zu den Misanthropen, den Menschenfeinden aus Liebe zur Natur. Sie denken in etwa so: Um es „der Natur“ recht zu machen, um von ihrem Entschluss, uns Menschen als gefährliches Ungeziefer zu vernichten, abzubringen, reicht der praktische Umweltschutz, von der Müllvermeidung bis zum Artenschutz, einfach nicht aus. Zweifellos müssen, um die viel beschworene „Rache der Natur“ abzuwenden, wesentlich drastischere Maßnahmen ergriffen werden!
Das Bild „der Natur“ als unbarmherzige Rachegöttin ist so weit in unsere Kultur eingedrungen, dass selbst intelligente und kritischen Menschen darüber buchstäblich den Verstand verlieren:
Der Verhaltensforscher Dr. Konrad Lorenz ließ sich in den achtziger Jahren zu folgender Bemerkung hinreißen:
„Gegen Überbevölkerung hat die Menschheit nichts Vernünftiges unternommen. Man könnte daher eine gewisse Sympathie für Aids bekommen.“(7)
Kann man Lorenz eventuell noch zugute halten, dass sein Ausspruch ein aus Unmut geborenes sarkastisches Bonmot war, trieft folgende Aussage von Charles Wurster vom Environmental Defense Fund geradezu vor menschenverachtendem Zynismus:
„People are the cause of all the problems; we have too many of them; we need to get rid of some of them, and this (ban of DDT) is as good a way as any.“ („Menschen sind die Ursache aller Probleme, es gibt zu viele von ihnen, wir müssen manche von ihnen loswerden, und das (das DDT Verbot) ist eine so gute Methode wie jede andere.“)(8)
Er äußerte das als Entgegnung auf Einwände, ein totales DDT Verbot (ohne alternative Methoden zur Mückenbekämpfung, die „zu teuer“ waren) würde zur massenhaften Ausbreitung der Malaria und zu Millionen Toten in den Tropen führen. Zugleich ist das das DDT-Verbot ein Musterbeispiel dafür, wie zweischneidig an sich sinnvolle Umweltschutzmaßnahmen sein können.
Auch wenn der Zynismus eines Wusters selten ist, die „Wir sind der Hautkrebs der Erde“-Ideologie, bei der implizit mitschwingt, was mit dem Bazillus Mensch zu geschehen hat, damit die Erde wieder gesund wird, ist weit verbreitet. Es gibt sogar „Naturfreunde“, die einen weltweiten Atomkrieg als das „kleinere Übel“ gegenüber der menschlichen „Zuvielisation“ ansehen.
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