3. Diktatur in Grün
Im Gegensatz zu „Warnern“, die ehrlich sind, aber mitunter irren, zu aus psychologisch-taktischen Gründen übertreibenden „Mahnern“ und selbst zu „Öko-Schockern“ vom Schlage Paul Ehrlichs, die es mit ihren drastischen Szenarien immerhin gut meinen, ist die Warnung vor der Öko-Katastrophe für politischen Extremisten ein Mittel zum ideologischen Zweck – selbst für jene, denen es mit der Ökologie ernst ist, was nicht bei allen der Fall sein dürfte.
Gute Nachrichten haben es in der von der „heimlichen Religion“ bestimmten Umweltdebatte offensichtlich schwer. In einer Umfrage des Allensbach Instituts glaubte 1997 – nach einem Vierteljahrhundert sinkender Luftbelastung – über die Hälfte der Westdeutschen immer noch, dass die Luftverschmutzung unaufhörlich zugenommen habe. Nur 39 Prozent der Befragten wussten, dass Flüsse und Seen viel sauberer geworden waren als 25 Jahre zuvor. Zwei Drittel aller Deutschen (Ost und West) waren davon überzeugt, dass wir auf ein finales Umweltdesaster zusteuern. (9)
Man kann die Grundhaltung, die die Bevölkerung von politisch links bis rechts außen, von bildungsfern bis akademisch, durchzieht, als Katastrophen-Konsens bezeichnen.
Das „Waldsterben“ – DAS deutsche Angstthema der 1980er Jahre
Zurecht so genannte Öko-Faschisten behaupten, dass zwecks der überlebensnotwendigen Unterwerfung des Menschen unter die Natur der „naturwidrige“ Individualismus und Liberalismus der Aufklärung beseitigt werden müsse.
Es sind keineswegs nur überzeugte „Neue Rechte“ wie Karl Richter, die angesichts des globalen Öko-Kollaps eine Abkehr von Werten der Aufklärung, der Demokratie und der offenen Gesellschaft fordern (von ihm unzeitgemäßes Weltbild von 1789 – dem Jahr der französischen Revolution – genannt). (Siehe Zitat am Anfang dieses Textes).
Auch Anhängern autoritär-obrigkeitsstaatlicher „Lösungen“ anderer politischer Couleur dient die drohende Apokalypse als sinnstiftendes Noch-nicht-Ereignis. Vor solch einem düsteren Hintergrund heben sich selbst fragwürdige Utopien leuchtend-grün ab.
Es wäre also ein fataler Irrtum, Anhänger der Öko-Diktatur nur unter Rechtsextremisten zu suchen. Anfang der 1980er Jahren wurden solche Positionen selbst innerhalb der GRÜNEN eifrig diskutiert. Totalitäre Tendenzen fanden sich auch bei konservativen Öko-Politikern der „ersten Stunde“ wie Herbert Gruhl oder dem damals prominenten Öko-Bauern Baldur Springmann. (Springmann war, wie mit heute bekannt ist, rechtsextrem – MartinM, 2008)
Der prominenteste Propagandist einer „linken“ Öko-Diktatur war seit Ende der 1970er der ehemalige DDR-Regimekritiker Wolfgang Harich („Kommunismus ohne Wachstum?“ 1975). Seine totalitären Rezepte, die sogar Zwangsarbeit und Zwangsumsiedlungen umfassten, galten selbst ansonsten strikt basisdemokratischen linken Umweltaktivisten als letztes verzweifeltes Mittel gegen den sonst unausweichlichen Öko-Kollaps.
Nicht ganz so weit ging der Religionsphilosoph Hans Jonas, der in seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ (1980) meinte, dass die „drohende Zukunft“ verlangen würde, dass der Staat mit drastischen Maßnahmen die materiellen Bedürfnisse der Einzelnen radikal beschneiden müsse. Jonas dachte an künstliche Güterverknappung und Rationierungen. Dafür sei die derzeitige Demokratie mit ihrer kurzfristigen Orientierung nicht die geeignete Regierungsform. Jonas sympathisierte damals mit einer autoritär-sozialistischen Ordnung nach sowjetischem Vorbild. Noch 1990 – die UdSSR war fast schon Geschichte – meinte Jonas gegenüber dem „Spiegel“, die westliche Demokratie sei unfähig, „den ungeheuerlichen Hedonismus der modernen Genusskultur“ zurückzudrängen. Damit gab sich Jonas nicht nur als puritanisch denkender Christ, sondern auch als Anhänger der „Natur-Angst-Religion“ zu erkennen: Tut Buße, lebt in freiwilliger Armut, verzichtet auf die Freuden des Lebens, dann wird die rächende „Mutter Natur“ vielleicht noch einmal gnädig sein!
Für viele Linke, besonders aus den neuen Bundesländern, war Rudolf Bahro bis zu seinem Tod 1997 ein politischer Hoffnungsträger für den „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“. Leider scheinen nur wenige seine Texte gelesen zu haben. Bahro sehnte sich in seinem Buch „Logik der Rettung“ sogar nach einem „grünen Adolf“, der die Deutschen aus der eigenen „Volkstiefe“ heraus in ein besseres Zeitalter führen soll und (natürlich) „ganz anders“ als das Original wäre. In seinen Vorlesungen bezog sich der ehemalige DDR-Dissident und demokratische Linke z.B. positiv auf Sigrid Hunke, eine der „Vordenkerinnen“ des Thule-Seminars. Besonders ärgerlich für Naturreligiöse / Heiden ist dabei, dass er sich spätestens seit Mitte der 80er Jahre zum völkischen „Neuheidentum“ und seinen ariosophischen Quellen hingewendet und dies in seinen Schriften auch ausgesprochen hat.
Glücklicherweise gerieten zumindest die Öko-Faschisten und Öko-Stalinisten innerhalb der demokratischen Parteien und Umweltverbände schon Mitte der 80er Jahre ins politische Aus. Weniger glücklich ist, dass jede rechtsextreme Partei oder Gruppierung in Deutschland sich ein „ökologisches Programm“ leistet und mit Umweltthemen auf Stimmenfang geht. NPD und DVU propagieren seit Jahren „Umweltschutz ist Heimatschutz“ und vermengen mit Erfolg (national-) romantische Sehnsucht nach der heilen Welt mit Bedrohungsängsten – die schlimmsten Umweltgefahren kommen natürlich aus dem Ausland – ein wenig schlecht getarnter „Blut und Boden“ Ideologie und den „Allheilmitteln“ starker Staat und Abschottung nach außen.
Das ist keineswegs eine nachträglich bei demokratischen Gruppen und Parteien abgekupferte Strategie, denn schon am Protest gegen das Kernkraftwerk Wyhl in den 70er Jahren waren rechtsextreme Gruppen beteiligt.
Tatsächlich gab es schon unter den Romantikern des frühen 19. Jahrhunderts nicht wenige, die neben der obligatorischen Naturverklärung und Rationalismuskritik ausdrücklich anti-aufklärerische, anti-demokratische und aggressiv nationalistische Positionen vertraten. Ihre geistigen Nachfolger im späten 19. Jahrhundert waren deutschnationale Naturschwärmer wie z. B. Heinrich Riehl und kulturpessimistische Naturphilosophen wie Ludwig Klages. Interessanterweise waren auch die Ariosophen, z. B. Guido „von“ List, von Anfang an fanatische „Naturfreunde“ und erbitterte Zivilisationskritiker. Es gab also seitdem es überhaupt so etwas wie eine Naturschutzbewegung gab, auch deren starken und aggressiven „rechten Flügel“.
Auch die NSDAP griff in ihrer „Kampfzeit“ gerne zu „naturfreundlichen“ Parolen und attackierte die industrielle Zivilisation, nicht nur aus Taktik, sondern weil es der von einer „bäuerlich-germanischen“ Kultur schwärmenden Ideologie von „Blut und Boden“ voll entsprach. Nach der Machtübernahme war davon zwar nicht mehr viel zu merken, um einen modernen Krieg vorzubereiten, braucht man eben den engen Schulterschluss mit der Großindustrie, aber Naturschwärmerei blieb ein fester Bestandteil der NS-Propaganda – und neben Aufrüstung und Autobahnbau blieb hin und wieder auch noch Platz für praktischen Naturschutz. Noch heute gibt es politisch kurzsichtige Naturschützer, die einige der „vorbildlichen Naturschutzmaßnahmen“ der Nazizeit loben.
Seit einiger Zeit schaffen es rechte Partei-Strategen, auch das Thema „Globalisierung“ für sich zu besetzen, wobei sie von der mangelnden Abgrenzung linksalternativer und bürgerlich-demokratischer Anti-Globalisierungs-Gruppen gegen nationalistisches Ideengut profitieren und womöglich im gemeinsamen „Antikapitalismus“ (und häufig auch: Anti-Amerikanismus) eine tragfähige Plattform für die Zusammenarbeit sehen. Selbstverständlich spielt die allgegenwärtigen Katastrophenangst auch eine Rolle: Wenn es um nicht weniger als die Rettung der Welt geht, wer fragt da noch nach braunen Flecken auf der Weste der Mitstreiter? Es ist allerdings mehr als nur peinlich, wenn Attac und NPD mit den gleichen Parolen gegen die Globalisierung demonstrieren. (Inzwischen hat sich Attac entschieden und glaubwürdig von „rechten Mitstreitern“ distanziert. MartinM, 2008)
Am Rande sei vermerkt, dass nach allen bisherigen Erfahrungen intakte parlamentarische Demokratien mit freier Presse, unabhängiger Justiz und einigermaßen transparenter Verwaltung Umweltprobleme erheblich besser in den Griff bekommen als autoritäre Staaten verschiedener Couleur. Als der „Eiserne Vorhang“ sich im Zuge von „Glastnost“ hob und mit dem Ende der UdSSR (bislang) verschwand, entdeckte die Weltöffentlichkeit dahinter Umweltfrevel ungeahnten Ausmaßes.
Erdgas-Speicherkavernen mit Atombomben anlegen? „Technisch eine elegante Lösung!“ – Flüsse umleiten, so dass der einst gewaltige Aral-See austrocknet und ganze Landstriche zu Salzsteppe verkommen, um Baumwoll-Monokulturen zu bewässern? „Im Interesse der Autarkie der Textilindustrie der UdSSR müssen nun einmal Opfer gebracht werden!“
(Ähnliche Wahnsinnsprojekte zur Flussumleitung und Atombomben-„Nutzung“ scheiterten im Westen schlicht daran, dass sie sich betriebswirtschaftlich nicht rechneten. Hier wirkte sich „Profitgier“ positiv für die Umwelt aus.)
Leckende Pipelines, die ganze Landstriche mit auslaufendem Rohöl verwüsteten? -; „Ja, die Leckageverluste sind schon auf die Dauer ärgerlich, aber die drängenden Planvorgaben …“ Den westlichen Ölkonzernen dürfte die Landschaft wahrscheinlich ebenfalls schnuppe sein – aber sicher weder die Materialverluste noch die Image-Schäden.
Ich möchte hier die Umweltverbrechen des „real existierenden Kapitalismus“ nicht verniedlichen, aber es liegt nicht allein daran, dass „durch den Westen die DDR-Industrie platt gemacht wurde“, dass z. B. die Elbe seit 1990 erheblich sauberer geworden ist oder dass es Berlin schon seit Jahren keinen Smog-Alarm mehr gab. In den 80er kam das noch häufiger vor, und zwar in West-Berlin bei Ostwind. In der „Hauptstadt der DDR“ liefen unterdessen Produktion und Straßenverkehr munter weiter – meist ohne Filter, immer ohne „Kat“. Heute droht die stark wachsende Industrie im alles andere als offenen und demokratischen China zum „Umweltfeind Nr. 1“ zum werden.
„Marktwirtschaft“ ist allerdings keine Zauberformel, die für erträgliche Umweltbedingungen sorgt. Üble Beispiele sind die Ölforderung in Nigeria und die „Koste-es-was-es-wolle“ Industrialisierung Malaysias. Allerdings haben Nigeria und Malaysia eines mit China gemeinsam: das Fehlen von funktionierender Demokratie. Für eine nachhaltige ökologisch orientierte Politik dürften auf Dauer die Chancen in einer offenen, demokratischen, transparenten Gesellschaft mit wacher Öffentlichkeit am Größten sein. Hingegen dürfte selbst für „sanfte“ Öko-Diktaturen der bekannte Ausspruch Cornelius Tacitus‘ „Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut“ gelten – zulasten der „Untertanen“ und möglicherweise auch zulasten der „Natur“.
Nicht nur autoritäre Utopien, sondern auch alle Arten Patentrezepte gedeihen im Angesicht der drohenden ökologischen Apokalypse. Zur besonderen Prominenz brachte es um 1990 der Fernsehjournalist Franz Alt mit seinem Buch „Schilfgras statt Atom: Neue Energien für ein friedliche Welt“. Obwohl die Idee des Schilfgras-Anbaus zwecks Energie- und Rohstoffgewinnung nicht von der Hand zu weisen ist, ist die Vorstellung, Schilfgras könne sämtliche Energieprobleme der Welt lösen und Kohle- und Atomkraftwerke genau so überflüssig machen wie den größten Teil des Erdölverbrauchs, geradezu rührend naiv. Alts Buch liest sich streckenweise wie eine Parodie auf sich selbst. Sein Vorschlag, Entwicklungsländer Schilfgras anbauen zu lassen, statt ihnen moderne Technologien zu schicken, war weniger naiv als zynisch, denn er läuft darauf hinaus, dass hochwertige Industrieprodukte auch künftig allein in den heutigen Industriestaaten produziert werden sollen.
Natürlich wusste Alt, dass sich mit Schilfgras allein nicht alle Probleme der Industriegesellschaft lösen lassen. Dafür lautete sein Patentrezept: „anthropologische Revolution“, die neben Dezentralisierung, Regionalisierung und Selbstbeschränkung auch einen neuen Gemeinschaftsmythos enthalten sollte, oder genauer gesagt, eine neue, natur- und kulturfreundliche, Religion. Franz Alt schwebte dabei offensichtlich eine Mischung aus radikal reformiertem Christentum und der „Religion“ der Angst vor der strafenden Natur vor. Offen blieb, wer mit welchen Methoden den neuen Gemeinschaftsmythos durchsetzen sollte. Immerhin lehnte Alt Öko-Diktaturen als mögliche Lösungen ab.
Als sehr ambivalente Strömung sei die „Tiefenökologie“ genannt. Einerseits sieht die Tiefenökologie den Menschen nicht als getrennt von der „Natur“ an, sondern als verantwortlicher Teil der lebendigen Welt, als Teil Gaias. Andererseits sind Teile dieser Strömung wegen ihre Nähe zu „völkischem“ Gedankengut politisch fragwürdig, andere sind von einem streckenweise menschenverachtenden apokalyptischen Denken durchdrungen, wie z. B. die „Earth First!“-Organisation. Wie die Anhänger der „Natur-Angst-Religion“ prophezeit „Earth First!“ den Zusammenbruch der Zivilisation. Für die Überlebenden beginnt danach eine bioregionale Stammesordnung und ein Leben in der Wildnis – eine bizarre Variante des Millenialismus, der eingefleischten abendländischen Vorstellung vom Reich Gottes auf Erden.
Keine Frage, für den Schutz der Umwelt wird auch in Deutschland objektiv viel zu wenig getan, obwohl hier die politisch stärkste Umweltbewegung aller großen Industriestaaten zu finden ist. Es fällt aber auf, dass sie, gemessen an Größe und Einfluss, nicht viel mehr erreicht als die theoretisch politisch schwächeren Umweltbewegungen in anderen Industriestaaten.
Eine mögliche Antwort liegt gerade darin, dass Umweltschutz in Deutschland ein so populäres Thema ist, und darin, dass er hierzulande stärker als in anderen Ländern mit religiösen Katastrophenängsten besetzt ist. Folglich bestimmen hektischer Aktionismus und sich in ihren düsteren Prognosen überbietende Zeitungsartikel und Fernsehbeiträge den Umgang mit „Umweltskandalen“, egal ob global (BSE-Krise) oder lokal (PCB in Schulen).
Bedauerlicherweise bleiben dabei häufig Vernunft und viel Geld auf der Strecke, weil Prioritäten nicht nach der Sachlage, sondern nach dem jüngsten Medienhype gesetzt werden. Milliarden werden deshalb auf ökologischen „Nebenkriegschauplätzen“ sinnlos vergeudet.
Eine weitere mögliche Erklärung für die relative Ineffizienz der deutschen Öko-Politik fand der italienische Journalist Roberto Giardina. Er verweist in seiner „Anleitung, die Deutschen zu lieben“ (1996), darauf, dass in Italien alle Kernkraftwerke nach einer Volksabstimmung abgeschaltet wurden. (Dafür wird dann Atomstrom aus Frankreich importiert.) In Deutschland trat der damalige hessische Umweltminister Joschka Fischer nicht zurück, als die Sozialdemokraten seine Entscheidung, die hessischen Kernkraftwerke stillzulegen, kurzerhand außer Kraft setzten. Stattdessen werde Terror gegen jeden ausgeübt, der sich beim Papier- und Glassammeln nicht richtig verhalte. Giardina meint:
„Die einzige Diktatur, die in der Bundesrepublik möglich ist, ist die ökologische Diktatur, die vielleicht schon begonnen hat.“
Fischers Verhalten, zugunsten des „höheren Ziels“ notfalls „kleinere“ klassische Ziele der Öko-Bewegung – und auch der Bürgerrechtsbewegung – aufzugeben, hat seitdem nicht nur bei den GRÜNEN Schule gemacht. Das Prinzip „der Zweck heiligt die Mittel“ ist genau so weit verbreitet wie der Hang, die Bevölkerung „auf Linie“ zu halten. Beides entspricht durchaus deutschen obrigkeitsstaatlichen Traditionen – weshalb sie Giardina, bei dem die alten, militaristisch-autoritären Deutschen-Klischees durchaus wirken, auch ins Auge sprangen.
Fragt sich, was der Zweck ist, der die Mittel heiligt. Nicht nur für die GRÜNEN lautet die sehr plausible Antwort: das Ziel ist es, so mächtig zu werden, dass Politik gegen die GRÜNEN (Außerparlamentarisch könnte man hinzufügen: gegen Greenpeace, gegen den BUND usw. ) nicht mehr gemacht werden kann. Das ist schon das Schlucken mancher dicken Kröte wert.
Sollte diese Annahme zutreffen, zeugt sie von einem zutiefst autoritären Politikverständnis: „Erst an die Schalthebel der Macht kommen, dann die Lieblingsprojekte ohne Kompromisse durchziehen.“ In der „volkserzieherischen“ Politik der GRÜNEN Ministerin Renate Künast gibt es in der Tat Indizien für so eine Haltung; auch in der großzügigen Förderung der Windenergie kann man ein GRÜNES „Lieblingsspielzeug“ sehen.
Wie steht es mit der möglichen Akzeptanz einer grün-autoritären Regierung oder gar einer Öko-Diktatur?
Offenbar wird ein verstärkt autoritärer Staat, im Angesicht der angeblich drohenden Katastrophe der Ökologie (Ökonomie, inneren Sicherheit, Bildung, Kultur usw. ) von weiten Teilen der „politische Klasse“ befürwortet – und vom Volk hingenommen. In keiner Demokratie, von den USA nach dem 11. September 2001 vielleicht abgesehen, wird so viel mit Panikmache Politik gemacht wie in Deutschland. Diese Angstpropaganda ist in Deutschland wahrscheinlich deshalb so Erfolg versprechend, weil sich die Angst vor der jederzeit drohenden großen Katastrophe so tief in die deutsche Mentalität eingefressen hat. („German Angst“.) Zu erklären, wie sich diese Angst entwickelte, würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Eine ihrer Komponenten ist aber sicherlich die in Deutschland besonders ausgeprägte Angst vor der Rache der „Natur“ (Oder auch der Rachegöttinnen „Geschichte“, „Marktkräfte“, „Demographische Entwicklung“ usw. – „Übt Demut vor ihnen, und sie verschonen Euch vielleicht.“)
Was die Akzeptanz für eine Öko-Diktatur beim einfachen Bürger angeht, schrieb der französische Journalist Nathan Tannenbaum nach einem Besuch auf der deutschen Musterinsel des Naturschutzes, Spieckeroog, erschrocken, es sei die „ideale Insel der grünen Diktatoren“. Die von den GRÜNEN beherrschte Insel sei kein normales Ferienziel, sondern ein Heiligtum, Ziel von Pilgerfahrten. Weite Teile der Insel seien für Menschen gesperrt. Jeder würde jeden überwachen, da die zerbrechliche Natur vor der menschlichen Ignoranz geschützt werden müsse. Alles andere sein nebensächlich. Tannenbaum erzählt, eine Frau, die auf der Insel lebe, habe Verständnis für ihre Nachbarin, die sie angezeigt habe, weil sie ihren Hund einen Augenblick ohne Leine laufen ließ: „Sie versteht, dass der Schutz der Umwelt solche Schwächen nicht dulden kann“.(10)
In Kenntnis der Verhältnisse auf Spiekeroog lässt sich sagen, dass Tannenbaum mit der Behauptung, Spiekeroog sei bereits das Muster einer Öko-Diktatur, übertrieb und dass die Reaktion der von ihm erwähnten Frau ein nicht unbedingt typischer Extremfall ist. Aber mit dem Blick des besorgten Außenseiters erkannte er die Tendenzen, die eine solche Öko-Diktatur möglich erscheinen lassen. Die „Religion“ der strafenden Göttin Mutter Natur ist, neben der immer noch vorhandenen deutschen Untertanenmentalität, wohl die tiefere Ursache hinter diesen Tendenzen.
Gegenüber esoterischen, verschwörungstheoretischen oder religiös begründeten Weltuntergangszenarien haben ökologische Apokalypsen den „Vorzug“, dass sie immer ein über jeden Zweifel erhabenes Körnchen Wahrheit enthalten. Über die Prophezeiungen des Nostradamus lacht der aufgeklärte Zeitgenosse – aber selbst über so überzogene Visionen, wie die, dass München wegen der schmelzende Polareiskappen in wenigen Jahren am Meer liegen wird, wagt niemand zu lachen. Das macht einen Teil des Reizes der „Natur-Angst-Religion“ aus: so ganz falsch sind ihre Glaubenssätze nicht, und jeder ihrer Anhänger kann seine apokalyptischen Ängste jederzeit rationalisieren, dass heißt, mit eine nachgeschobenen „vernünftigen“ Erklärung versehen.
Es wird höchste Zeit, sich von der „heimlichen Religion“ und ihren Weltuntergangsvisionen und den damit verbundenen ideologischen Blockaden zu verabschieden. Apokalyptische Szenarien versperren den Blick auf akute und nachweisbare Menschheitsprobleme. Wer interessiert sich noch für Umweltprobleme wie die Überfischung der Meere, wie die buchstäblich atemberaubende Verschmutzung vieler Flüsse in „Entwicklungsländern“ (oft die einzige Trinkwasserquelle), für Bodenerosion oder die Stickstoffüberlastung europäischer Böden, wenn demnächst halb Deutschland im Meer versinkt?
Die angebliche „Rachegöttin Mutter Natur“ mahnt uns, uns selbst zu beschränken, enge Grenzen zu setzen: für das Wachstum, die technische Entwicklung, den sozialen Fortschritt, die wissenschaftliche Neugierde, den Genuss, die persönliche Freiheit. Und Millionen, die nicht mehr an das göttliche Strafgericht glauben, glauben diese Botschaft unbesehen.
Wenn die Geschichte eines zeigt, dann dass gerade das Einreißen von Grenzen, der Zäune totalitärer Staaten, die Grenzen der Zensur, die Standes- und Klassenschranken und natürlich auch der Grenzen des Wissens eine Voraussetzung für Freiheit, für Gerechtigkeit und auch für allgemeinen Wohlstand sind. Grenzen sind dazu da, überwunden zu werden! Die Natur, die wirkliche, lebendige Natur, von der wir ein Teil sind, kennt keine Grenzen – politische und ideologische Grenzen schon gar nicht; die „Grenzen“ zwischen Biotopen sind Übergänge. Das viel zitierte „ökologische Gleichgewicht“ ist ein fließendes, sich stetig verschiebendes, sich immer und immer wieder neu definierende Gleichgewicht. Ein biologisches System im statischen Gleichgewicht ist tot!
Globale Katastrophen gab es immer wieder und es wird sie wieder geben. Sie sind im Grunde riesige Unfälle.
Vergessen wir auch nicht: Das größte Umweltproblem der Welt ist die Armut! Ohne die Verarmung des größten Teils der Menschheit gäbe es die meisten ökologischen Probleme gar nicht. Diese Armut fiel nicht vom Himmel. Gegen Armut lässt sich etwas tun, viele mögliche globale Katastrophen lassen sich mit Intelligenz und Arbeit vermeiden – egal, ob menschengemacht oder „natürlich“. Strafgerichte sind sie nicht!
Martin Marheinecke, Januar 2005
Pingback: 2. Warner, Mahner, Misanthropen - Asatru zum selber Denken - die Nornirs Ætt