Wissenschaft

Warum scheiterten die Römer in Germanien?

Schon länger ist bekannt, dass es nicht allein die verheerende Niederlage der Legionen des Varus im Jahre 9 unserer Zeitrechnung gewesen sein kann, die die Römer von einer Eroberung der „Germania Magna“ zwischen Rhein und Elbe abgehalten hat.
Raimund Karl, Dozent für Keltologie und Archäologie an der Universität von Wales, verglich die keltische und die germanische Militärorganisation. („Kelten und Germanen. Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Militärorganisation“, in: Krieg in der Antiken Welt, hrsg. v. Gerfried Mandl und Ilja Steffelbauer, Magnus Verlag). Karl zufolge hätten die rechtsrheinischen Germanen im ersten Jahrhundert u.Z. Roms Militärmaschinerie langfristig nicht hätten abwehren und eine Eroberung Germaniens verhindern können.
Das starke Bevölkerungswachstum, die Entwicklung von frühstädtischen Zentralorten in den meisten Gebieten Mittel- und Westeuropas sowie die steigende Hierarchisierung keltischer Gesellschaften in der Späteisenzeit hatten die Projektion des römischen Militärmodells bis weit nach Britannien hinein erlaubt. Im rechtsrheinischen Germanien fehlte dagegen die soziale und ökonomische Infrastruktur, auf die sich die Römer in Gallien stützen konnten. „Magna Germania“ zu unterwerfen hätte für Rom entweder unverhältnismäßig großen Aufwand an Mann und Material bedeutet oder die Entwicklung einer römischen Infrastruktur notwendig gemacht. Es gab bereits Ansätze für die „zivile Option“ z. B. die Anlage einer Stadt nach römischem Muster in Waldgirmes.
Doch dies hätte wohl nicht in einem sinnvollen Verhältnis zum zu erwartenden Gewinn an Steuereinkünften oder Sicherheit geführt. Stattdessen dürfte es hier die wesentlich sinnvollere und vernünftigere Politik gewesen sein, sich die lokal gegebenen Gefolgschaftsstrukturen in Klientelkönigreichen nutzbar zu machen.
Es war zu teuer (sueddeutsche.de).

Ob allerdings die Römer die Eroberung der „Germania Magna“ auch dann als „zu teuer“ aufgegeben hätten, wenn die Germanen friedlich geblieben wären, ist meiner Ansicht nach durchaus eine Überlegung wert. Ebenso überlegenswert ist die Frage, inwieweit die Institution des „germanischen Königtums“ auf römische Einflüsse zurückzuführen ist – und ob es den Römern wirklich gelang, in der „Magna Germania“ Klientelkönigreiche zu etablieren. (Die spätantiken germanischen Klientelkönigreiche, z. B. der Franken, lagen bekanntlich größtenteils auf dem Gebiet des Römischen Reiches.)

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