Gjallarhorn Weblog

Wir sind Raif Badawi!

Nach massiven internationalen Protesten ist die weitere Prügelstrafe des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi verschoben worden – offiziell aus medizinischen Gründen.

Das Justizsystem des mit dem Westen verbündeten streng islamischen Königreichs Saudi-Arabien trägt barbarische Züge. Der Blogger Raif Badawi, der die Website „Freie saudische Liberale“ betrieb, wurde wegen „Beleidigung der Islam“ zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockhieben verurteilt. Der 31-jährige hatte nichts anders getan, als sein Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung wahrzunehmen.
Aber selbst gegenüber einem so grausamen und selbstgerechten Regime wirken Proteste – jedenfalls etwas:
Prügelstrafe gegen Raif Badawi verschoben

Ich bin Blogger, und ich nehme kein Blatt vor den Mund. Das gilt auch für viele meiner Freunde. Wären wir saudische „Untertanen“ (ja, so muss ich es wohl nennen), dann würden uns genau solche Strafen drohen!

Es ist auf den ersten Blick „off topic“, heizt jedoch meinen „Menschenrechtsfundamentalismus“ an (den irgendwelche faschistisch tickenden, sich selbst als „Germanische Heiden“ bezeichnende Spinner mir und der Nornirs Ætt vorwerfen):
Ich lese (und schreibe) Seeabenteuerromane. Eine für solcher Romane typische Szene ist, dass der Kommandant eines Kriegsschiffs einen aufsässigen Matrosen auspeitschen lässt. Die berüchtigten „drei Dutzend Hiebe“ waren lebensgefährlich, und es dauerte wochenlang, bis der Bestrafte wieder dienstfähig war – weshalb so harte Prügelstrafen in Wirklichkeit eher selten verhängt wurden, denn an Mannschaft waren die Segelkriegsschiffe meistens knapp. „Fünf Dutzend“ galten als sicheres Todesurteil.
Es gab in den Armeen der absolutischschen Herrscher des 16. bis 19. Jahrhunderts die Strafe des „Spießrutenlaufens“. Unter Aufsicht von Offizieren bildeten ein- oder mehrere hundert Soldaten mit vorgestelltem Gewehr eine etwa zwei Meter breite Gasse, die der bis zum Gürtel entblößte Verurteilte mit auf der Brust zusammengebundenen Händen mehrmals langsam bei Trommelschlag durchschreiten musste. Hierbei erhielt er von jedem Soldaten mit einer Hasel- oder Weidenrute (Spieß- oder Spitzrute) einen Schlag auf den Rücken.
Ein sechsmaliges Spießrutenlaufen durch 300 Mann an drei Tagen mit Überschlagen je eines Tags wurde der Todesstrafe gleich geachtet und hatte auch gewöhnlich den Tod zur Folge.

Gruselige Strafen aus einer finsteren Vergangenheit? Wie man sieht: Leider nicht!

Die in Saudi-Arabien verwendete Rute liegt in ihrer verletzenden Wirkung zwischen der Spießrute und der berüchtigten „Neunschwänzigen Katze“, die auf See verwendet wurde. Ich will damit sagen: Fünfzig Schläge sind lebensgefährlich und hinterlassen bleibende, tiefe Narben.
Die 1000 Hiebe, bei denen Raif zwanzig Mal beinahe zu Tode geprügelt wird, sind eine der grausamsten Strafen, die ein Mensch sich denken kann.

Was viel zu wenig bekannt ist: In Saudi-Arabien steht heute noch auf Hexerei bzw. Schadenzauber die Todesstrafe – und sie wird auch vollstreckt. Als „Schadenzauber“ gelten, wie die Hinrichtung Amina bint Abdul Halim bin Salem Nasser zeigte, schon einfache „sprirtuelle Dienstleistungen“, wie das Verfertigen von Amuletten, Wahrsagerei oder auch einige tradionelle Heilverfahren.

Das heißt – in Saudi-Arabien wären wir, als Heiden, Neo-Schamanen, „Neue Hexen“ Todeskandidaten!

Saudi-Arabien ist eine absolutistische Monarchie – ja, so was wie das Regime des „Sonnenkönigs“ Louis XIV. – und außerdem eine totalitäre Diktatur, die mit einer Islamistischen Ideologie begründet wird. Islamistisch – nicht islamisch!
Islamismus ist eine politische Ideologie, und verhält sich so zum Islam wie Nationalismus zur Nation.
Um die Menschenrechte ist es dort wahrscheinlich schlechter bestellt, als in Nordkorea – und mit Sicherheit schlimmer als in dem ebenfalls theokratischen, aber deutlich demokratischeren Iran – was für die dort wegen „Homosexualität“ Hingerichteten auch kein Trost ist.
Saudi-Arabien hat die weltweit größten Rohöl-Reserven, saudisches Kapital ist an praktisch allen großen internatinalen Konzernen beteiligt, die meisten westlichen Industriestaaten sind bei saudischen Geldgebern verschuldet.

Das dürfte so Einiges erklären!

Bitte unterstützt Amnesty International – denn Folter ist grausam und unmenschlich. Überall.
Stopt Folter

Martin Marheinecke, Redakteur der Website der „Nornis Ætt“

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