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„Rechts“, gefährlich – und keine Nazis

Die Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Ulla Jelpke (Die Linken) lässt den ernüchternden Schluss zu, dass sie Islamfeindlichkeit für nicht gefährlich hält, weil diese sich vom „klassischen deutschen Rechtsextremismus“ unterscheidet. Bundesregierung hat nach dem Massaker in Norwegen keine Probleme mit islamfeindlichen Gruppierungen (telepolis).
Oder, wie es Frau Jelpke ausdrückt:

Volksverhetzung muss offenbar im Braunhemd mit Hitler-Bärtchen daherkommen, um von der Bundesregierung auch als solche erkannt zu werden.

Dass es Rechtsextremisten gibt, die sich klar von Neonazis und anderen „völkisch“ gesonnenen „kackbraunen Kameraden“ abgrenzen, ist nichts Neues – die Neue Rechte gibt es schließlich schon seit den 1970er Jahren.
Tatsächlich erkennt man z. B. im antiislamischen Forum „PI“ deutlich „neurechte“ Denkfiguren wieder. Auch der Attentäter von Oslo und Utøya dachte deutlich in neurechten Bahnen.
Der Unterschied zu der „klassischen“ Neue Rechten, etwa im Sinne Alain de Benoists, besteht darin, dass die „herkömmliche“ Neue Rechte sich deutlich auf ein Neuheidentum bezieht und einen im Kern antisemitischen Antimonotheismus kultiviert. (Hierzu: Antimonotheismus – Schlüssel zum Verständnis des Rechtsextremismus?)

Bei den Antiislamisten ist das anders – sie verstehen sich als „christlich“, genauer gesagt, als selbsternannte Verteidiger des Christlichen Abendlandes. Außer dem aggressiv vertretenen Feindbild Islam wenden sie sich strikt gegen politische Liberalität („Gutmenschentum“, „Multi-Kulti-Seeligkeit“) und die politische Linke, wobei der Begriff „links“ oder auch „kommunistisch“ sehr flexibel gehandhabt wird. Sie sind übrigens nicht immer, wie auf PI, pro-amerikanisch – und ihre pro-israelische Haltung wird meines Erachtens eher von der Gegnerschaft zu den (muslimischen) Palästinensern bestimmt.
Auch wenn sie sich manchmal „prowestlich“ nennen, sind sie es nicht. Jedenfalls wenn man mehr Wert auf westliche Werte in der Tradition des Humanismus und der Aufklärung, auf Menschenrechte, auf Emanzipation, auf Gleichheit und Solidarität legt als auf christliche und vermeintlich christliche Traditionen. Die antiislamischen Christianisten sehen den „Westen“ also im Sinne Huntingtons über die Religion definiert.

Da sie sowohl mit fundamentalistischen Christen, wie Nationalkonservativen auf dem rechten Flügel der CDU/CSU, wie mit den Sarrazin-Fans bis weit ins sozialdemokratische Spektrum „Schnittmengen“ haben, sind die „geistigen Kreuzritter“, wie ich sie mal nennen will, für Einflussnahme und Unterwanderung viel besser gerüstet als die „neuheidnische“ Neue Rechte, von den Neonazis gar nicht zu reden.
(Für die Leser aus Österreich: mit der FPÖ ist die Übereinstimmung so groß, dass die meisten „Kreuzritter“ gleich einen Aufnahmeantrag stellen könnten – wenn sie nicht schon bei den „Blauen“ sind.)

Warum schätzt die Bundesregierung und offensichtlich auch der Verfassungsschutz die Christliche Neue Rechte als wenig gefährlich ein?

Ein Grund dürfte die Extremismustheorie von der „guten Mitte“ und den bösen Extremisten links und rechts davon sein. Wer in den alten Kategorien von Rechts- und Linksextremismus denkt, ist für den „Extremismus der Mitte“ à la Sarrazin und wohl auch die „Neue Rechte“ weitgehend blind.

Ein anderer Grund könnte sein, dass sich die Islamhasser – nicht zu verwechseln mit Islamkritikern, auch scharfen – ausdrücklich „christlich“ nennen und überwiegend auch nicht antisemitisch oder antiamerikanisch wirken. Sie werden daher von sich ebenfalls als Hüter des Christlichen Abendlandes verstehenden Politikern als weniger bedrohlich wahrgenommen als etwa die „Islamofaschisten“ unter den Islamisten, die wiederum nur einen kleinen Teil der Moslems ausmachen.

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