Gjallarhorn Weblog

Christianophobie?

Es ist leider nichts Neues: Vorurteile gegenüber Juden und Moslems nehmen zu. Dabei sind auch antichristliche Stimmungen vorhanden – vor allem, aber nicht nur, bei Moslems.

Dennoch dürften die Ängste der Initiatoren des Projektes „Europa für Christus!“ und der damit verbundenen Website europa4christ.net vor der angeblich weit verbreiteten „Christianophobie in Europa“ völlig überzogen sein – oder tatsächlich etwas völlig anderes meinen, als „irrationale Furcht vor oder Hass gegenüber Christen oder dem Christentum im Allgemeinen“. Es ist ja nicht so, dass etwa Kirchen vor Anschlägen fanatischer Antichristen polizeilich geschützt werden müssten – was leider bei deutschen Synagogen der Fall ist – oder dass es Bürgerinitiativen zur Verhinderung eines Kirchenbaus gäbe. Auch gibt es in Europa kaum jemanden, der pauschal alle Christen unter Terrorismusverdacht stellen würde. Ausserdem passiert es Christen äußerst selten, dass sie wegen ihres Kreuzanhängers schäl angesehen, angepöbelt oder sogar tätlich angegriffen werden. Als bekennender Christ wird man in Europa jedenfalls weniger behelligt als als Angehöriger praktisch jeder anderen Religion.

hpd: Ein Gespenst geht um in Europa – Christianophobie
Worum es wirklich geht, wird vielleicht deutlich, wenn man sich das Projekt etwas näher ansieht:

Das Projekt besteht aus drei Pfeilern. Der Erste: die Einladung jeden Tag ein „Vater Unser“ zu beten für ein von christlichen Werten imprägniertes Europa. Zweitens: ein monatlicher Informationsbrief über aktuelle Themen, mit Beiträgen von bekannten Persönlichkeiten wie dem frühere italienische Kulturminister Rocco Buttiglione (2004 wegen seinen fundamentalistischen Positionen als Präsident der EU-Kommission abgelehnt), Otto von Habsburg oder die Dresdener TU Philosophin Hanna Barbara Gerl-Falkovitz (Schülerin vom Romano Guardini, der Vorkämpfer eines römisch-katholischen Europas auf der Basis der Wiederherstellung der Werte des mittelalterlichen „Sacrum Imperiums“). Der dritte Pfeiler ist Sensibilisierung, so z. B. mit der Verteilung des bekannten europäischen Fisches („Ictus“) auf Autos und Mappen oder Taschen.

Einige europäische Bischöfe wie Kardinal Schönborn (Wien), Kardinal Meisner (Köln) und Erzbischof Mgr. Dziwisz (Krakau) sind tatkräftige Militanten des Projektes. Auch einige Vertreter der protestantischen und anglikanischen Kirche unterstützen die Initiative, wie beispielsweise Nicky Gumble, der Initiator der Alfa Seminare (dogmatische missionarische Bildungskurse mit Vorliebe für die Wirkung des Heiligen Geistes).

„Bedroht“ fühlt sich die durchweg sehr konservativen Damen und Herren etwa durch den verweigerten Gotteshinweis in der europäischen Verfassung, die Ablehnung der Kandidatur des Fundamentalisten Buttiglionis, die auch die Religionsprivilegien betreffenden europäischen Antidiskriminierungsgesetze, die Erleichterung der Embryonenforschung usw. usw. .
Zum „Feindbild“ gehört offensichtlich auch der (böse, weil angeblich antichristliche) „europäische Laizismus“, der gegen die (gute) „Laizität“ ausgespielt wird.

Meiner Ansicht nach geht es vor allem darum, Privilegien für die etablierten christlichen Kirchen zu sichern. Aber nicht nur: Auf den Websites ist z. B. davon zu lesen, dass eine nicht-christliche Zukunft undenkbar sei, dass Demokratie ohne christlich-jüdische (man will ja kein Antisemit sein) Grundlage nicht funktioniert, dass Christen auf der ganzen Welt zum Kampf aufgerufen werden, und dass der Zweck in der Rangfolge über die Mittel zu stellen sei.
Zusammengenommen: Eine aggressiv-missionarische, notorisch intolerante Agenda.
Es sind die Mittel, die den Zweck verraten.

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