Gjallarhorn Weblog

Wieder mal: Abschiebung brutal. Dieses Mal in Österreich.

Eine hässliche „großdeutsche“ Tradition ist Deutschland und Österreich gemeinsam: der brutale Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern.
keine Abschiebungen!

Heute, am 13. Oktober 2010, gab es wieder einmal ein „Abschiebungsdrama“ – in Wien (es hätte aber auch in Hamburg, München, Berlin, Leipzig sein können):
Volkshilfe Wien-Hatzl: Erneute Inschubhaftnahme einer suizidgefährdeten Asylwerberin, 14-jährige Tochter nicht auffindbar!

Wien (OTS) – Der Vorsitzende der Volkshilfe Wien und ehemalige Wiener Landtagspräsident Johann Hatzl ersucht Vizekanzler Josef Pröll, seine offenbar wild gewordene Innenministerin mit ihren Polizeistaat-ähnlichen Abschiebemaßnahmen zurückzurufen. Den Anlass dafür gab die heutige Inschubhaftnahme einer armenischen Asylwerberin, die seit mehreren Jahren in Wien in Betreuung der Volkshilfe lebt.

Mit ihr abgeschoben werden sollte ihre 14-jährige Tochter, die zu diesem Zweck heute von der Fremdenpolizei aus der Schule abgeholt
wurde. Dort wurde das Mädchen allerdings nicht angetroffen. Seither fehlt jeder Hinweis auf ihren Aufenthaltsort. Beide, Mutter wie
Tochter, gelten als bestens integriert und unbescholten. Aufgrund traumatischer Fluchterfahrungen ist die Mutter allerdings seit
einigen Jahren in psychiatrischer Behandlung, bei ihr besteht höchste Suizidgefahr. Erst vor Kurzem wurde sie nach einem gescheiterten Selbstmordversuch aus dem Allgemeinen Wiener Krankenhaus entlassen.

Hatzl ersucht die Bundesregierung, rasch einen rechtlichen Weg zu finden, der es ermöglicht, bereits integrierten Personen nach humanitären Grundsätzen den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen. „Es wäre wirklich zu prüfen, ob die rechtliche Verantwortung weiterhin bei der derzeitigen Innenministerin verbleiben soll, oder ob nicht andere Regierungsmitglieder besser geeignet wären, hier tätig zu werden.“, so Hatzl, und weiter:
„Grundsätzlich wäre Österreich gut beraten, einen korrekten Weg der Menschlichkeit zu finden und nicht in inhumaner Weise unbescholtene Hilfesuchende schlimmer als Schwerverbrecher zu behandeln.“

Rückfragehinweis:
Volkshilfe Wien
Mag.a (FH) Christine Himmer-Penz
Tel.: 0043 1 360 64-79
himmer-penz @ volkshilfe-wien.at
www.volkshilfe-wien.at

Das Schulgebäude wurde nach unbestätigten Gerüchten mit großem Aufwand und wenig Rücksicht von der Polizei durchsucht.

Kommentar: Ich hoffe, dass dieses überharte und gegen die Menschenwürde verstoßende Vorgehen den Verantwortlichen politisch das Genick bricht. Es gibt meiner Ansicht nach nicht den geringsten Grund, abgelehnte Asylbewerber wie Schwerverbrecher zu behandeln, und auch keinen Grund, zu einen Polizeieinsatz, der wahrscheinlich bei der Fahndung einem flüchtigen Mörder angemessen wäre – aber nicht bei der Suche nach einer verstörten 14-Jährigen!
Es gibt für mich auch keinen einsehbaren Grund, abgelehnte Asylbewerber, die a) gut integriert sind (meine Güte, das Mädchen besucht das Gymnasium!) und b) noch am Kriegstrauma zu kämpfen haben, nicht zu dulden. (Wobei man in Deutschland eher noch unduldsamer ist: In diesem Jahr gab es schon drei Suizide in deutscher Abschiebehaft.)

Ich fürchte leider, dass im derzeitigen politischen Klima (erschreckende Wahlerfolge der rechtspopulistischen FPÖ) ein „hartes Durchgreifen“ gut ankommt.

Es gibt schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel! Das Mädchen hat niemandem etwas getan, sie ist keine Kriminelle!

Es ist offensichtlich wieder einmal so weit, dass sich Einzelne finden müssen, die Asyl gewähren, wo es der Staat wider alle Menschenrechte und alle Menschenwürde unterlässt.

In Deutschland gab es immer wieder mal Fälle, in denen Kirchengemeinden betroffenen abgelehnten Asylbewerbern Unterschlupf ihn ihren Kirchen gaben. Rechtlich gab das zwar kein zusätzliches Gewicht, aber der moralische Druck wurde schon sehr groß.

Ergänzung: Artikel auf DerStandard.at, der einige zusätzliche Hintergrundinformationen enthält: Herbe Kritik an geplanter Abschiebung.

Nachtrag, 14. 10: Das Mädchen ist am späten Nachmittag wieder aufgetaucht und hat sich bei ihrer Betreuerin gemeldet. Das Verfahren ist derzeit ausgesetzt.

Nachtrag, 15, 10.:
Anti-Ausgrenzung, Anti-Abschiebung. Aktionen der borg3 (der Schule, auf die das Mädchen geht).

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