Wie lang halt ein Langhaus?
Eine Lebensdauer von 20 Jahren gaben die Erbauer dem Nachbau eines jungsteinzeitlichen Langhaus im Freigelände des Urgeschichtemuseums in Asparn/Zaya (Niederösterreich), nun sind es mehr als 40 geworden.
Nur noch bis Ende November können Besucher das alte Langhaus besichtigen, danach wird es wissenschaftlich zerlegt. Danach werden Dr. Ernst Lauermann, der wissenschaftliche Leiter des Museum, und sein Team das Haus Stück für Stück fachgerecht abtragen und dabei die Veränderung der Baumaterialien im Laufe der Zeit untersuchen: „Wir werden beim Schilfdach einen Schnitt machen, um die einzelnen Schichten analysieren zu können, ebenso werden wir die Holzpfeiler und die Holz-Dachkonstruktion auf Veränderungen untersuchen“.
Da Lanhaus wurde 1966 auf Basis eines Grabungsbefundes von Köln-Lindenthal errichtet. Das Gebäude ist 25 m lang, 7 m breit und 5,4 m hoch. Auf 41 Pfosten ruht das Langhaus, dessen Wände ein mit Lehm verstrichenes Flechtwerk sind, den Boden bildet gestampfter Lehm und das Dach ist aus Schilf. „Der Befund aus Deutschland wurde damals für die Errichtung herangezogen, weil die Forschung in den 60er Jahren keine Hausbefunde der Linearbandkeramik in Niederösterreich kannte. Das hat sich nun geändert. Das neue Langhaus, das 2012 gebaut wird, basiert auf einem Grabungsbefund von Schwechat/Rannersdorf“, erläutert Dr. Lauermann.
Mehr: Lebensdauer eines Langhauses (Archäologie online)
Website des Urgeschichtemuseum Niederösterreich in Asparn/Zaya: Urgeschichte.at
Tja, wer hätte das „primitiven“ Bauweisen zugetraut?
Was mich immer wieder erstaunt, ist das Erstaunen von Wissenschaftlern bei der Erforschung alter Bauwerke.
Gerade die Eigenschaften derartiger Langhäuser lassen sich bei jedem Fachwerkhaus, gebaut bis Ende des 19. Jahrhunderts gut beobachten – es ist dieselbe Grundbauweise. Die Verbindung „lebendiger“ Materialien wie Holz, Lehm und Stroh, daraus entstanden Häuser, die bei entsprechender Pflege Jahrhunderte überdauern. Wichtig ist nur das Wissen um die richtige Verarbeitung, Pferde- oder Kuhdung im Lehmputz außen macht selbst rohen Lehmputz äußerst witterungsbeständig, gezapfte Holzkonstruktionen und geschlagenes Holz sind durch ihre Flexibilität um ein vielfaches haltbarer als Leimbinderkonstruktionen, Wasser darf niemals am Holz stehen usw, usw.
Alles Kniffe, die den Erbauern solcher Langhäuser bereits mit Sicherheit bekannt waren. Die haben garantiert nicht alle 20 bzw. 40 Jahre ihr mühsam gebautes Heim auf den Müll geschmissen.
Im Grunde hatten sie uns sogar etwas voraus: nämlich das Wissen und die Erfahrung, mit dem vorhandenen Material zu bauen, nicht dagegen, wie es heutzutage schön der Rationalität folgend üblich ist. Denn gerade Holz will mit Respekt und Gefühl behandelt werden, erst dann entfaltet es seine ganzen Möglichkeiten.
Derartige Forschungen führen uns nicht nur das Leben der Vorfahren vor Augen, sondern bieten auch die Chance, den Hochmut „moderner“ Baustoffe und Bauweisen zu hinterfragen und sich vielleicht wieder den exellenten und ökologisch nachhaltigen Baustoffen der Natur zuzuwenden. Indem man wieder lernt, damit umzugehen. Gepaart mit Wissen heutiger Tage lassen sich so durchaus sehr komfortable Behausungen errichten, dauerhafter als Stahlbetonbauten (!), mit gutem Raumklima, aus nachwachsenden Rohstoffen, menschlich.
Der Blick aufs gestern kann so Perspektiven der Zukunft eröffnen.