Verfolgte Christen, verfolgte Heiden?
Seit einige Jahren beklagen Kirchenvertreter und kirchennahe Politiker eine Christenverfolgung, die in vielen Regionen der Welt statt fände.
Unbestreitbar ist, dass in fast allen Ländern der Erde Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen verfolgt und unterdrückt werden. Darunter sind unbestreitbar auch viele Christen. Die Frage ist allerdings, ob diese Christen tatsächlich wegen ihres Glaubens bzw. ihre religiösen Identität verfolgt werden – oder z. B. wegen ihrer politischen Überzeugungen oder weil sie (diskriminierten) nationalen Minderheiten angehören?
Amnesty International stellt zwar fest, dass die Gewalt gegen Christen weltweit zunimmt, aber eine systematische Verfolgung von Christen konnte man bei Amnesty trotzdem nicht bestätigen. Oft stelle das politische Engagement den Grund von tatsächlichen Verfolgungen dar, da sich die Anhänger von religiösen Überzeugungen auch politisch engagieren.
Anders gesagt: wenn die politische Verfolgung (und die Hetze auf Minderheiten) in vielen Regionen der Erde allgemein zunimmt, nimmt automatisch auch die Anzahl der – aus welchen Gründen auch immer – verfolgten Christen zu.
Es gibt keine systematische Verfolgung von Christen in Nordafrika und im Nahen Osten. Das war die einhellige Meinung von Experten, die am vergangenen Donnerstag an einer Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag teilnahmen.
Experten: „Christenverfolgung“ ist ein Mythos (hpd)
Angesichts unleugbar antichristlicher Übergriffe in islamischen Ländern mag so eine Feststellung überraschen. Nur: solche Übergriffe sind noch keine systematische Verfolgung. Tatsächlich lässt sich die Faustregel aufstellen, dass dort, wo es mit den Menschenrechten allgemein nicht so genau genommen wird, es auch für die Religionsfreiheit finster aussieht. Nicht allein für die der Christen in islamischen Ländern übrigens.
Mit Ausnahme von Saudi Arabien „können Christen in allen Ländern der Region ihre Religion ungehindert ausüben“, sagte der Sachverständige Prof. Mitri Raheb. Trotz aufsehenerregender und gewalttätiger Ereignisse, wie etwa Angriffe auf koptisch-orthodoxe Christen in Ägypten und kirchliche Gebäude, könne laut dem Sachverständigen Fritz Erich Anhelm von einer systematischen Verfolgung keine Rede sein. Probleme seien eher in einem mangelnden staatlichen Schutz vor Übergriffen und einer ungenügenden Strafverfolgung durch Polizei und Justiz zu sehen, von denen aber auch alle anderen religiösen Minderheiten in den islamischen Mehrheitsgesellschaften betroffen sind.
Allerdings passt einige Kirchenvertretern in Klerus, Politik und Publizistik die Vorstellung, das Christentum sei eine verfolgte Religion, offenkundig gut ins Weltbild. Ein Weltbild, in dem böse Muselmanen brave Christenmenschen abschlachten, und in dem Europa im Würgegriff der Chrianophobie des antichristlichen “europäischen Laizismus“ läge.
Wenn sogar die die Zurschaustellung von „respektloser Kunst“ als Indiz für „Christenverfolgung“ aufgeführt wird, ist die Selbstgerechtigkeit dieser missionarischen und intoleranten „Verteidiger des christlichen Abendlandes“ mit den Händen zu greifen.
Wenn Volker Kauder (CDU) im Interview gegenüber Christ & Welt behauptete:
[…] Die Christen sind die am meisten verfolgte Religionsgruppe, daran besteht kein Zweifel. Nirgendwo auf der Welt verfolgen Christen andere, immer stehen Christen unter Druck.[…]
dann erinnert mich seine Selbstgerechtigkeit lebhaft an die mancher Heiden (und nahezu aller „Heidenfürsten“), die sich mitten in Europa von staatlichen Stellen unterdrückt, von „Inquisitoren“ der Kirchen verfolgt und von den Medien verteufelt fühlen.
Ein gepflegtes Feindbild und sorgsam geschürte Bedrohungsängste bringen die eigene Glaubensgemeinschaft „auf Linie“ – angesichts des übermächtigen äußeren Gegners sei bedingunglose Solidarität zwischen den „verfolgten Christen / Heiden / Moslems (usw. usw.) “ ein unbedingtes Muss, Streitigkeiten und interne Kritik wären Schwächen, und in Zeiten der Krise wäre Zweifel schon Verrat.
In einigen Fällen dient der Vorwurf, man würde aus religiösen Gründen verfolgt, auch zur Ablenkung von den Gründen, aus denen eine Gruppe / Gemeinschaft / Sekte tatsächlich schlechte Presse hat oder gar in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden gerät.
Die erz-rassistischen völkischen NS-Nostalgiker der „Artgemeinschaft“ wähnen sich z. B. als „religiös Verfolgte“ – tatsächlich wird ihre Germanentümelei in den Verfassungsschutzberichten gerade mal am Rande erwähnt und ist vielen Antifa-Aktivisten, die sich mit diesen auf Ásatrú machenden Menschenzüchtern befassen, noch nicht einmal bewusst.
Nun genießen Heiden tatsächlich nicht den besten gesellschaftlichen Ruf. Wir werden gern als „Spinner“ hingestellt und allzu schnell als „Nazis“ verdächtigt. (Das kann sogar Landtags-Kandidaten der „Linken“ wie Günther Biernoth passieren – einschließlich des in seinem Fall absurden Faschismusvorwurfs.)
Ungeachtet der Tatsache, dass es tatsächlich einige ziemlich abgedrehte Charaktere in der Heidenszene gibt, und z. B. die Armanen (& Umfeld) wie auch die „völkischen Ásatrú“ einen starker Drall nach „rechtsaußen“ haben (von „Nazitrus“ wie den „Artgemeinschaftlern“ ganz zu schweigen), ist das ziemlich nervig. Auch wenn von einer Verfolgung beim besten Willen keine Rede sein kann, kann ich durchaus nachvollziehen, dass bei dem einen oder anderen Heiden die Nerven blank liegen.
Bei den großen christlichen Kirchen ist das jedoch nicht der Fall. Daher ist es bemerkenswert, dass Anhänger einer Religion, die in Europa nach wie vor die kulturelle Hegemonie hat, speziell in Deutschland Privilegien gegenüber anderen Religionen / Weltanschuungen genießt und weltweit die Religion mit den meisten Gläubigen ist, zu solchen „Sekten“-Verhaltensweisen neigen.
Viele Anhänger von Buchreligionen sehen sich gerne als Opfer, da das Leiden und das Märtyrertum vor allem im Christentum und im Islam bei den Fundamentalisten in Vordergrund steht.
Selber ist das Christentum nicht so pingelig wenn es um die Heroisierung ihrer eigenen Taten geht. Ein Beispiel ist das Bonifatiusdenkmal in Fritzlar. Nicht das es ein Denkmal eines christlichen Heiligen ist, nein er steht auf dem Stumpf der von ihm gefällten Donarseiche. Hier wird die Vernichtung eines spirituellen Zentrums einer anderen Weltanschauung noch im Jahr 1999 auch bildlich gefeiert.
http://www.voenix.de/press/Die-entweihte-Donar-Eiche-zu-Fritzlar/20/index.html
Am Samstag den 16.6.2012 soll es auf dem Domplatz in Fritzlar um 16 Uhr zu einer heidnisch spirituellen Gedenkfeier kommen. Dazu schon mal ein Zwischenbericht.
http://www.voenix.de/press/1-Zwischenbericht-Stand-Donars-Tag-der-10-Mai/21/index.html
Daraus ein Zitat zu der Idee einen Eichensprössling zu pflanzen.
„Also habe ich den zuständigen Domleiter, einen katholischen Pfarrer Namens Schütz, kontaktiert, um ihn über diese Idee und die Aktion als solches überhaupt mal in Kenntnis zu setzen. Der zeigte sich von dem Ganzen erst einmal ziemlich überrascht, reagierte zumindest aber nicht abweisend, wenngleich er auch Bedenken äußerte, dass manche Leute diese Aktion ja dann als „symbolische Wiedereinpflanzung“ verstehen könnten – was ich ihm auch gerade heraus bejahte. Darauf folgte seinerseits erst einmal kurzes Schweigen“
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