Unschätzbarer Bootsfund einfach verrottet
Die ältesten erhaltenen Boote aus dem Ostseeraum, immerhin ca. 7000 Jahre alt, sind in einer baufälligen ehemaligen Kaserne bei Schwerin verrottet. Die sogenannte Remise stürzte im Jahr 2004 teilweise ein – und begrub, was bis dahin von den Einbäumen noch übrig geblieben war. Von den jungsteinzeitlichen
Booten, die, als sie 2002 bei Bauarbeiten in Stralsund gefunden wurden, noch gut erhalten waren, bleiben nur klägliche Reste.
Weil die Einbäume aus sehr dünnem und weichem Holz gefertigt waren, sollten sie fachgerecht konserviert werden – und zwar in den Räumen des Landesamtes für Denkmalpflege in Schwerin. Das Geld war sogar vorhanden. Aber wegen eines „räumlicher und personeller Notstand“, wurden die Boote in der
abbruchreifen Kaserne eingelagert.
Erst dadurch, dass vor wenigen Wochen der Stralsunder Stadtrat für eine Rückkehr der Boote nach Stralsund eintrat, idealerweise beim neuen Deutschen Meeresmuseum, war der Archäologie-Skandal überhaupt aufgedeckt worden.
Möglicherweise ist der Skandal kein Einzelfall:
Das zuständige Amt soll eine unrühmliche Geschichte von „Konservierungsproblemen“ haben.
Mehr zum Thema:
Deutsche Behörden ließen Steinzeit-Einbäume vergammeln (Spiegel Online)
Steinzeitboote durch Nachlässigkeit verrottet (FTD.de)
Blamabler Verlust: Steinzeitliche Einbäume verrottet (Achäologie online)
Kulturelle Blamage (Schweriner Volkszeitung
Kommentar: Es mag sein, dass es in Schwerin keine geeigneten Räume gab, und es ist dem Landesamtes für Denkmalpflege nicht abzusprechen, dass es nach geeigneten Räumen gesucht hat. Aber Mecklenburg-Vorpommern ist nicht die Welt!
Es gibt schließlich andere Museen, die die erforderlichen Fachleute und auch den nötigen Raum gehabt hätten – aber eben nicht in Meck.-Pomm. liegen, sondern in benachbarten Bundesländern. Zum Beispiel das hervorragend ausgestattete Museum Schloss Gottorf bei Schleswig. Oder das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven. Angeblich soll auch das Internationale Maritime Museeum interessiert gewesen sein – und in Hamburg hätte es geeignete Lagerräume gegeben. Zur Not hätte auch Museen in Dänemark oder Polen einspringen können. Die Boote wären ja im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern geblieben.
Möglicherweise ist es nicht ganz so schlimm, wie es zunächst aussah: Die drei bis zu 7000 Jahre alten Einbäume sind nach Angaben des früheren Leiters des Mecklenburg-Vorpommernschen Amtes für Bodendenkmalpflege, Friedrich Lüth, noch zu retten. Die Berichte, die Boote seien völlig verrottet, seien übertrieben.
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