Menschenopfer in bronzezeitlicher Kultstätte?
Wurden in der Kreisgrabenanlage von Pömmelte-Zackmünde (bei Magdeburg) gegen Ende des dritten Jahrtausends v. u. Z Menschen bei Kultpraktiken Arme, Beine und Köpfe vom Rumpf abgetrennt?
Knochenfunde aus sogenannten Sonderbegräbnissen zeigten Schlagnarben, die diesen Schluss nahe liegen. In beiden Gruben fanden die Archäologen jeweils das Skelett eines Kindes bzw. Jugendlichen und das eines Erwachsenen. Dabei wurde in beiden Gruben das Skelett des jüngeren Menschen unter dem des älteren Menschen deponiert.
An einem Schädel entdeckten die Ausgräber Schlagnarben, die auf starke Schläge eines Gegenstandes deuten. Außerdem fehlten einem jüngeren Skelett die Beine. Einem weiteren Skelett war der Kopf abgetrennt und neben den Rumpf gelegt worden.
Deswegen hält der Archäologe André Spatzier Opferriten, die während der Bronzezeit auf dem Gelände der Kreisgrabenanlage vollzogen wurden, für möglich. Außerdem befanden sich in den Gruben Bechergefäße aus Keramik und Tierknochen, die aller Wahrscheinlichkeit nach von Rindern stammen.
Interessant könnte der Umstand sein, dass in einem Grab die jahrtausendealten Skelette trotz des sandigen Bodens überraschend gut erhalten sind, so das eventuell eine DNA-Analyse möglich ist. Gelänge dies, könnte man beispielsweise bestimmen, ob es sich bei den begrabenen Menschen um Mutter und Tochter oder Vater und Sohn handelt. Oder ob die Menschen aus den bronzezeitlichen Gräbern mit den heute in der Region lebenden Menschen verwandt sind.
Neben Menschenopfern hält Spatzier auch Inititationsriten in Betracht, die von Völkerkundlern in der Vergangenheit etwa bei Indianerstämmen in Nordamerika beobachtet wurden. „Dort gab es Praktiken, bei denen junge Männer von spitzen Gegenständen durchbohrt und aufgehängt wurden, bis sie ihr Bewusstsein verloren – ein Ritus auf dem Weg zum Krieger“, verweist der Wissenschaftler auf mögliche Parallelen in Beschreibungen der ethnologischen Literatur.
volksstimme.de: Wurden in Kultstätte Menschen getötet?
Spazier meint vermutlich den Sonnentanz – eine Zeremonie, die durchaus nicht nur in der Vergangenheit von Völkerkundlern beobachtet wurde, sondern vereinzelt auch heute noch praktiziert wird. Allerdings werden beim Sonnentanz und vergleichbaren Zeremonien anderer Völker die Initianten nicht verstümmelt.
Daher halte ich die Menschenopfer-Hypothese für glaubwürdiger – vor allem, da Menschenopfer bei zahlreichen bronzezeitlichen „Hochkulturen“ vorkamen, sogar bei den angeblich so friedlichen minoischen Kulturen auf Kreta.