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Leserbrief an Hag & Hexe: Volkmanns Sprachkünste

Zum Interview mit Volkert Volkmann in H&H 1

Auf Aufforderung verschiedener Leute sehe mich genötigt, die mißverständliche Übersetzung des Wortes “Yggdrasil” mit “Ich trage Heil” über die Herleitung “Ygg=Ich, dra=trage, sa(!)l=Heil”, getätigt von Volkert Volkmann während des Interviews mit Vertretern der Zeitschrift “Hag&Hexe”, abgedruckt in der Erstausgabe erwähnter Zeitschrift, zu korrigieren, auch wenn die Aktualität meines Beitrages zu diesem Zeitpunkt schon etwas zu wünschen übrig lässt.

Volkert Volkmann widerspricht mit seiner Deutung leider jeglicher sprachwissenschaftlichen Erkenntnis, und dies lexikalisch, methodologisch, etymologisch und (literatur)historisch.

Yggdrasil wird im allgemeinen übersetzt mit “Roß des Schrecklichen”, und bezieht sich als Kenning (Nordische Form einer poetischen Umschreibung) damit auf Odins Runenerwerbung.

Man sieht also in dieser Bezeichnung eine Zusammensetzung aus “Yggr” = “der Schreckliche”, ein oft benutzter Beiname Odins, und dem Wort “drasill” = “Roß”, das sich auch im überlieferten Pferdenamen “drosull” (mit Häkchen unter dem -o-) wiederfindet.

“Ich” hieße an.:”ek”, “(ich) trage” hieße “ber”, “heil” hieße “heill”. Es gibt das Verb “draga” für “tragen, ziehen” (vgl. engl. “to drag”), das allerdings nicht in ideellen Zusammenhängen überliefert ist, sondern ausschließlich in Zusammenhang mit körperlicher Arbeit mit konkreten Gegenständen (Pflüge z.B.). Dieses Wort trotzdem vorausgesetzt bliebe es jedoch auch als “drag” stehen, da das Altnordische hier keine Möglichkeit bietet, ein zur Wurzel gehöriges -g am Ende wegfallen zu lassen – im Gegenteil, es kann im Präteritum sogar noch weiter zu -kk verstärkt werden.

Es ist in keiner germanischen Sprache geschehen, daß sich ein -i- zu einem -a- wandelte, und auch Ablautung findet nicht zwischen diesen beiden Vokalen statt, im Gegenteil, sie sind durch Zugehörigkeit zu verschiedenen Ablautgruppen strikt getrennt. Es gibt daher keine Möglichkeit, die Silbe “-sill” über einen willkürlichen Vokaltausch mit dem lateinischen (!) “salus” = “Heil” zu assoziieren. Die altnordische Entsprechung zu diesem Wort lautet darüber hinaus “saela” und ist auf die Bedeutung “Glück” beschränkt.

Die mit Überzeugung vorgetragene Übersetzung Volkert Volkmanns lässt sich also getrost in den Bereich des Küchenlatein (oder besser Küchennordisch?) verlegen. Ich hoffe, daß der erweckte Eindruck, er beherrsche die altnordische Sprache, nicht beabsichtigt war, da er nicht zutrifft. Ich hoffe jedenfalls, daß seine Kompetenzen bezüglich des Kymrischen fundierter sind als beim Altnordischen.

Methodologisch will ich doch kurz festhalten, daß die Auflösung von Wörtern in ihre Silben und die Vermutung, jede Silbe sei bedeutungstragend, so vorgetragen mehr als problematisch ist und durchaus zu Mißverständissen führen kann, erinnert sie doch an die Wortverstümmelungspraxis eines Kummer, List und Marby, die sich auch ganz bewußt über sämtliche sprachwissenschaftliche Praxis hinweggesetzt hat, in dem Glauben, so die von den Armanen, der kulturstiftenden Herrscherrasse der ariosophischen Lehre, in die Sprache hineinkodierten “Wahrheiten” erkennen zu können.

Wenn Volkert Volkmann beklagt, daß man ihn in die Nähe menschenverachtender Ideologien rückt, was ich persönlich nie getan habe und hier auch nicht beabsichtige, dann rate ich ihm zu etwas mehr Fingerspitzengefühl: Ich sehe seine Kontakte zum Armanenorden, ich sehe Methodik und Lehre, die der ariosophischen ähnlich sehen. Das Mißtrauen von Leuten kann ich nachvollziehen und sollte auch von V.V. nachvollziehbar sein. Hier sind vertrauensbildende Maßnahmen gefragt, die ich als legitimen Anspruch der Gesellschaft gegenüber Personen sehe, die sich in dieser präsentieren wollen (und somit etwas repräsentieren wollen, das über die eigene Person hinausgeht – hoffe ich doch).

Abschließend noch, da V.V. das Thema (mal wieder) angesprochen hat:
Legitimation sehe ich in Sachkompetenz, die ich zur Verfügung stelle und Vertrauen, das mir (auch aufgrund meiner Kompetenz, nicht ausschließlich) entgegengebracht wird. Wenn dies als Antwort nicht genügt, sehe ich das nicht als mein Problem an – denn über Kompetenz lässt sich (auf Dauer) nicht streiten. Ich werde mich auch sämtlichen Kommentars enthalten darüber, ob man wissen sollte, welchen Namen man etwas gibt…

S. Scholz 1996

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