Wissenschaft

Erdbebenstürme und das Ende der Bronzezeit

Ein Erdbeben verheerte Sumatra, einen Tag zuvor gab es ein schweres Seebeben mit Tsunami vor Samoa. Keine fünf Jahre ist es her, dass ein gewaltiges Beben einen Tsunami auslöste, der an den Küsten rund um den Indischen Ozean über 230.000 Tote forderte. Es könnte natürlich eine zufällige Häufung von Erdbeben an der tektonischen „Nahtstelle“ am Westrand des Pazifiks sein. Betrachtet man aber die Abfolge der Erschütterungen über einen längeren Zeitraum, liegt für viele Seismologen leider ein anderer Schluss nahe: Das Land befindet sich vermutlich in einem sogenannten Erdbebensturm, einer Folge schwerer Beben binnen weniger Jahre.
Eine Kaskade von Beben (Zeit.de)
Der Begriff „Erdbebensturm“ wurde vom us-amerikanischen Seismologen Amos Nur geprägt. Er erforschte zwei extreme Erdbebenkaskaden im Mittelmeerraum. Zwischen 1225 und 1175 v. u. Z. wurden 47 bronzezeitliche Städte im Nahen Osten und am östlichen Mittelmeer durch Erdbeben zerstört. Das war wahrscheinlich der entscheidende Faktor für den Untergang der bronzezeitlichen Hochkulturen in diesem Raum. „Seevölkersturm“, spätbronzezeitliche Völkerwanderung und wohl auch der Trojanische Krieg und der Kollaps des Hethiterreiches wären demnach Folgen von Naturkatastrophen gewesen.
Der grundlegende Artikel aus dem „Journal of Archaeological Science“ von Amos Nur (Geophysiker) und Eric H. Cline (Archäologe) zu diesem Thema (1999): Poseidon’s Horses: Plate Tectonics and Earthquake Storms in the Late Bronze Age Aegean and Eastern Mediterranean (Hinweis von Lars Fischer.) „Poseidon’s Horse“ spielt darauf an, dass Poseidon im Griechischen Pantheon nicht nur ein Meeresgott, sondern auch Gott der Erdbeben (der „Erderschütterer“) und der Pferde ist – und auf die Rolle, die ein Poseidon geweihtes hölzernes Pferd bei der Zerstörung Trojas gespielt haben soll.
Auch im 4. nachchristlichen Jahrhundert wurden reihenweise von Palästina bis Sizilien Städte zerstört. In zwölf Jahren gab es elf vernichtende Starkbeben. Vielerorts finden sich Spuren, die zeigen, dass sich der Boden um das Jahr 365 herum mehrfach schlagartig um bis zu zehn Meter gehoben hat. Möglicherweise trugen diese Katastrophen zum Zerfall des Römischen Reiches bei.

Nur erkannte, dass diese Erdbebenserien kein Zufall gewesen sein können. Ein systematischer Umbau in der Erdkruste müsse stattgefunden haben, erkannte er, und prägte für das neu entdeckte Phänomen den Begriff „Earth Quake Storm“. Erdbebenstürme (vielleicht sollte man den Begriff besser mit „Erdbebengewitter“ übersetzen) sind glücklicherweise selten. Sie treten lediglich an Erdplattengrenzen auf, an denen die Bruchzonen so gut miteinander verbunden sind, dass ein Beben das nächste auslösen könne.

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