Dionysisch-ekstatische Kulte im frühen Rom
Bisher galt es als ausgemacht, dass die ekstatischen dionysischen Kulte, wie sie vor allem aus dem griechischen Kulturraum bekannt sind, der altrömischen Zivilisation lange Zeit fremd waren.
In ihrer Doktorarbeit zeigt Carina Håkansson (Universität von Göteborg), dass durchaus dionysische Kulte im frühen Rom um 500 v. u. Z. stattgefunden haben könnten.
Eine starke wissenschaftliche Tradition, die im 19. Jahrhundert begründet wurde, bestreitet das Vorhandensein von ekstatischen dionysischen Riten, Kulten und Satyrspielen in der römischen Gesellschaft. Obwohl die Menschen in benachbarten Kulturen der selben Epoche solche Kulte praktizierten, galt das nach der älteren Lehrmeinung nicht für die Römer.
Britische Wissenschaftler betonten gern, wie viel ihr Volk mit dem Römern gemeinsam hätte, vor allem als Staatsmänner und Kolonialisten.
„Sie behauptete sogar, dass sie die gleiche Mentalität hätten. Diese Wahrnehmung spiegelt sich auch in der modernen Forschung über die römische Gesellschaft und Religion wieder“, sagt Carina Håkansson.
Die Religionswissenschaft wurde auch durch die christliche Tradition beeinflusst. Zum Beispiel hatten die dionysischen Kulte das Problem, dass sie nicht als „echte“ Religion akzeptiert wurden, da die Möglichkeit, dass Religion mit „unflätigem“ Verhalten und Trunkenheit verbunden sein könnte, in der Regel abgelehnt wurde.
Dieser Grund allein reichte für die frühen Gelehrten aus, um die Idee abzulehnen, dass der dionysische Kult eine richtige Religion gewesen sein könnte.
Alternative Interpretationen
Unsere moderne säkularisierte Sicht der Welt bietet alternative Interpretationen an, wie Håkansson betont.
„Es besteht jedoch kein Zweifel, dass diese säkularisierte Sichtweise früher oder später kritisiert und in Frage gestellt werden wird – das ist das Wesen der Forschung“, sagt Håkansson.
Während Dionysos vor allem mit der griechischen Region verbunden ist, wurden verschiedene Wein-Götter in der gesamten Region Griechenland-Etrurien-Rom verehrt. Håkansson nutzt daher Erkenntnisse aus griechischen und etruskischen Gebieten zu Vergleichszwecken.
Satyrn sind eng mit dem dionysischen Kult verbunden. Håkansson zeigt, dass es wahrscheinlich Satyrn im archaischen Rom gab, und dass diese außerdem ein Bindeglied zwischen Ritual und Theater bildeten. Håkansson schließt daraus, dass die dionysische Sphäre sehr gut die Saat gewesen sein könnte, aus der die spätere römische dramatische Tradition wuchs.
Fachübergreifende Theorien und Methoden
Die Studie ist als Fallstudie konzipiert und hat einen multidisziplinären Charakter. Håkansson verwendeteTheorien und Methoden aus z. B. Ikonographie, Archäologie, Philosophie und Religionswissenschaft. Die Quellen, auf denen die Studie basiert, sind unter anderem Texte des römischen Historikers Livius und des griechischen Schriftstellers Dionysius von Halikarnassos, außerdem ikonographisches Material wie Vasenbilder und architektonische Terrakotten.
„Meine These richtet sich an eine internationale Forschungsgemeinschaft und soll ein Beitrag zur der Debatte sein, wie ein Paradigmenwechsel in der religiösen Forschung unsere Sicht auf die Römer und die Gesellschaft ihrer Zeit ändern könnte“, sagt Håkansson.
„In search of Dionysos. Reassessing a Dionysian context in early Rome“
Autor: Carina Håkansson,
+46 (0)31 786 52 87
+46 (0)31 786 52 87
E-mail: @ carina.hakansson class.gu.se
Faculty examiner: Professor Ingrid E. M. Edlund-Berry, University of Texas at Austin
The thesis was successfully defended on May 29, 2010
Link zur Arbeit: http://hdl.handle.net/2077/22099
Weitere Informationen:
http://hdl.handle.net/2077/22099
(Übersetzung einer Pressemitteilung von Helena Aaberg, Information Office University of Gothenburg).
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