Der „Schwarze Tod“ war wirklich die Pest
Ob der „Schwarze Tod“, die große Pandemie von 1347 bis 1353, der wahrscheinlich ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung zum Opfer fiel, wirklich die heute als Pest bekannte Krankheit war, war bislang umstritten.
Eine Reihe von Forschern bestreiten, dass es sich bei diesen Seuchen um die vom Erreger Yersinia pestis ausgelöste Krankheit handelte, vor allem, weil sich der „Schwarze Tod“ viel schneller ausbreitete, als die Pest bei Epidemien in Indien im 19. und 20. Jahrhundert.
Auch weil Überlieferungen berichten, dass Reisende die Krankheit von Dorf zu Dorf und Stadt zu Stadt brachten, was eher für eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch als für eine Verbreitung durch Rattenflöhe spräche, wurden immer wieder über andere Erreger als mögliche Ursache, insbesondere für den nordeuropäischen Raum, spekuliert.
Anthropologen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) belegen nun anhand neuester Untersuchungen, dass tatsächlich das Bakterium Yersinia pestis den „Schwarzen Tod“ über Europa gebracht hatte.
Wie das internationale Team um die Mainzer Wissenschaftlerinnen Stephanie Hänsch und Barbara Bramanti anhand von DNA- und Proteinanalysen an Pestskeletten eindeutig zeigt, ist Yersinia pestis für den Schwarzen Tod im 14. Jahrhundert und die folgenden, während 400 Jahren immer wieder aufflammenden Epidemien auf dem europäischen Kontinent verantwortlich. Die Untersuchung alter Erbsubstanz aus Massengräbern in fünf Ländern zeigt außerdem, dass zumindest zwei Varianten von Yersinia pestis, die beide bisher unbekannt waren, als Krankheitserreger aufgetreten sind. Dr. Barbara Bramanti vom Institut für Anthropologie der Uni Mainz vermutet aufgrund der Befunde, dass die Pest über mindestens zwei Kanäle nach Europa eingeschleppt wurde und dann jeweils eine individuelle Route genommen hat.
Hänsch und Bramanti zeichnen in ihrer Rekonstruktion der Ereignisse eine Ausbreitungsroute, die von der anfänglichen Einschleppung des Erregers im November 1347 aus Asien nach Marseille über Westfrankreich nach Nordfrankreich bis England verläuft. Weil im niederländischen Bergen op Zoom ein anderer Typ von Y. pestis gefunden wurde, gehen die beiden Wissenschaftlerinnen davon aus, dass die südlichen Niederlande nicht direkt von England oder Frankreich aus infiziert wurden, sondern von den nördlichen Niederlanden aus. Dies wäre eine andere Infektionsroute, die aus Norwegen kommend über Friesland ihren Weg in die Niederlande genommen hätte. Weitere Untersuchungen sind nötig, um den gesamten Ablauf des Seuchenzugs zu entschlüsseln. „Die Geschichte dieser Pandemie“, so Hänsch, „ist komplizierter, als man bisher gedacht hat.“
Pressemitteilung der Uni Mainz: Bakterium Yersinia pestis eindeutig als Ursache der großen Pestepidemie des Mittelalters identifiziert