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Das goldene Brett (vorm Kopf) geht an Film über Lichtnahrung

Am Rande der GWUP-Konferenz in Wien wurde erstmals der Preis „Das goldene Brett“ verliehen, ein Preis für „esoterische Spitzenleistungen“. Und auch obwohl es aus meiner Sicht einiges an den Kriterien dieses Preises zu bemäkeln gäbe, kann ich der Jury nur zu ihrer Entscheidung gratulieren!

Verdienter Sieger war der Filmregisseur Peter-Arthur Straubinger, der sich anschließend für die PR-Arbeit bedankte, welche die Skeptiker für seinen Film „Am Anfang war das Licht“ geleistet hätten. (Was wieder einmal zeigt, dass hinsichtlich der aufklärenden Wirkung von Negativ-Preisen Skepsis angebracht ist.)

Es gibt, vielleicht von den Perpetum-Mobile-Bastlern und den letzten Vertretern des geozentrischen Weltbildes abgesehen, kaum eine esoterische Richtung, die so heftig mit der bekannten und weithin anerkannten Realität kollidiert wie die Lehre von der Lichtnahrung. Während aber die wackeren Perpetum-Mobile-Bastler auch in Esoteriker-Kreisen eher belächelt werden, und selbst die überwältigende Mehrheit der Hardcore-Fundi-Christen die Erde nicht mehr im geometrischen Mittelpunkt des Universums sehen, gibt es für die bei Licht (!) besehen abenteuerlichen Behauptungen der „Lichtfresser“ erstaunlich viel Zuspruch, erstaunlicherweise übrigens nicht nur von „typischen Esos“.
Die Bezeichnung „Lichtfresser“ verdanke ich Distel, die damit allerdings eher die „Lichtarbeiter“ aufs Korn nahm. Allerdings treiben Fans der „Lichtnahrung“ das überspitzte gnostische Denken der Lichtarbeiter, die die materielle Welt inklusive menschlichem Körper als „böse“ ansehen und ständig von „höheren“ und „niederen Schwingungsebenen“ predigen, auf die Spitze: wer wirklich „vergeistigt“ ist, könne von Licht, Luft und Glauben allein leben. Das entbehrt, zugegeben, nicht einer gewissen inneren Logik. (Allerdings habe ich den Eindruck, dass Logik unter „Lichtfressern“ nicht gerade angesehen ist.)

Entgegen der etablierten Wissenschaft vertritt der Film „Am Anfang war das Licht“ die Auffassung, Lichtnahrung als Phänomen existiere tatsächlich. Als Ausgangshypothese ist dagegen, jedenfalls aus meiner Sicht, nichts zu sagen.
Allerdings sollten gute Dokumentarfilmer (oder gute Journalisten) nicht einfach alles glauben, was ihnen erzählt wird. Vor allem dann nicht, wenn es um wirklich außergewöhnliche und der normalen menschlichen Erfahrung widersprechende Behauptungen geht. Etwa in der Mitte des Films wird die Frage, ob es das Phänomen „Lichtnahrung“ überhaupt gibt, klar mit „Ja“ beantwortet. Ab dieser Stelle ist der Film klar parteiisch, und sucht geradezu verzweifelt Argumente, die dieses „Ja“ bestätigen.

Zwar lässt Straubinger auch z. T. namhafte Wissenschaftler zu Wort kommen, aber er verschweigt meistens, dass diese Wissenschaftler zum Teil Außenseiter sind (wie der Biologe Rupert Sheldrake mit seinen umstrittenen „morphischen Feldern“) oder, wie der ebenfalls interviewte Physik-Nobelpreisträger Brian D. Josephson, lediglich ihre private Meinung, die mit ihrer eigentlichen wissenschaftlichen Arbeit nichts zu tun hat, äußern. Abgesehen davon wird nicht ganz klar, was z. B. die morphogenetischen Felder oder die Telephatie, wenn es sie dann gibt, mit „Lichtnahrung“ zu tun hätten – außer einem wagen Analogieschluss: A (Telephatie) und B (Lichtnahrung) sind beides unbewiesene Phänomene. Sollte es sich herausstellen, dass an „A“ etwas dran ist, heißt das noch lange nicht, dass das auch bei „B“ der Fall wäre. Dass es die lange Zeit unter „Seemannsgarn“ eingeordneten Riesentintenfische wirklich gibt, liefert nicht den geringsten Hinweis darauf, ob es das „Ungeheuer vom Loch Ness“ wirklich geben könnte!

Beinahe selbstverständlich ist in dem Film öfter einmal von Quantenphänomenen die Rede. Obwohl Josephson auf dem Gebiet der Quantenmechanik arbeitet und für den nach ihm benannten Josephson-Effekt den Nobelpreis erhielt, sind die Spekulationen, ob „feinstoffliche“ Nahrung etwas mit Quantenphänomenen zu tun hätten, eher Quantenmystizismus als Quantenphysik. Ähnliches gilt für die Biophotonen: dass die Stoffwechselprozesse in unserem Körper mit kaum messbaren Lichtemissionen einher gehen, heißt noch lange nicht, dass im Umkehrschluss unser Stoffwechsel mit Licht betrieben werden könnte.
Für weitaus bedenklicher halte ich es, dass Straubinger den missglückten Selbstversuch der „Lichtnahrungs-Prophetin“ Ellen Greve aka Jasmuheen nicht erwähnt. Einige ihrer gläubigen Anhänger hungerten sich buchstäblich zu Tode!

In seine „Laudatio“ ging der Physiker und „Science Buster“ Wolfgang Gruber auf einige der im Film präsentierten vermeintlich positiven Befunde ein und zeigte, an welchen Stellen kritische Fragen hätten gestellt werden können. Wenn etwa ein Proband nach zwei Wochen ohne Essen, aber reichlichem Konsum von Fruchtsäften nur wenige Kilogramm an Körpergewicht verloren hat, sei dies normal und für die Wissenschaft nicht sonderlich interessant. Wer dann behaupte, die Ergebnisse des Versuches seien so außergewöhnlich, dass sie nicht einmal publiziert würden, betreibe Augenwischerei. Da Straubinger diese Fragen nicht gestellt hat, musste er sich schon unmittelbar, nachdem seine Dokumentation angelaufen war, die Kritik gefallen lassen, er mache Werbung für die Lichtnahrungsszene.
Das Goldene Brett für – P.A. Straubinger.

Aus naturmystischer bzw. naturreligiöser bzw. heidnischer Sicht möchte ich noch ergänzen, dass es noch lange kein „Materialismus“ ist, wenn man „Feinstoffliches“ (was immer damit auch gemeint sein mag) und „Energien“ nicht von vornherein als edler, reiner, besser oder auch nur spritueller als „schnöde“ Materie ansieht. Aber genau auf diesem die Materie gering schätzenden Denken, das aus meiner Sicht höchst naturfern und abgehoben ist, beruht der Lichtnahrungs-Mystizismus!

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