Wissenschaft

Archäologen entdecken Kettenhemd eines römischen Soldaten

Die Römer trugen bei Kämpfen öfter Kettenhemden – den Germanen waren die Dinger meistens zu schwer.

Deshalb vermuten Wissenschaftler der Freien Uni Berlin auch, dass ihr Fundstück einem Römer gehört haben muss. Die Überreste des Kettenhemds haben sie nördlich von Göttingen gefunden. Dort haben sich Römer und Germanen im Jahr 235 wahrscheinlich eine erbitterte Schlacht geliefert.

Das Hemd bestand aus Tausenden kleiner Kettenglieder und fand sich am Rand des Schlachtfelds. Womöglich wurde es einem Verwundeten ausgezogen, um ihn versorgen zu können. Die Archäologen sagen, dass es das erste Mal ist, dass auf einem römisch-germanischen Schlachtfeld ein so gut erhaltener Körperpanzer gefunden wurde.
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Archäologen der Freien Universität Berlin ist bei ihren Ausgrabungen auf dem römisch-germanischen Schlachtfeld vom Harzhorn in Niedersachsen ein herausragenden Fund gelungen. Bei der Erkundung des Areals bei Kalefeld im Landkreis Northeim nördlich von Göttingen fanden die Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Meyer das Kettenhemd eines römischen Soldaten. Erstmals wurde damit auf einem römisch-germanischen Schlachtfeld ein so gut erhaltener Körperpanzer freigelegt.
Pressemeldung der FU Berlin: Archäologen der Freien Universität finden weitgehend erhaltenes Kettenhemd eines römischen Soldaten

Kommentar:
Woher wollen die Redakteure von D-Radio wissen, dass „den Germanen waren die Dinger meistens zu schwer“ waren?

In der Pressemeldung des FU Berlin heißt es:

Germanische Krieger verzichteten in der Regel auf diesen Schutz; in germanischen Bestattungen finden sich jedoch immer wieder Reste dieser aufwendig hergestellten Panzer.

Wenn Krieger mit Kettenhemden bestattet wurden, spricht das meines Erachtens doch eher dafür, dass sie die Körperpanzer zu Lebzeiten geschätzt haben dürften.
Dass „die Germanen“ schon lange vor den römischen Germanenkriegen Kettenpanzer kannten und natürlich auch benutzten, zeigt z. B. der Moorfund des Hjortspringboots aus dem 4. Jahrhundert v. u. Z. im heutigen Dänemark.

Ich habe so den dummen Verdacht, dass in der Behauptung „den Germanen ware die Dinger meistens zu schwer“ das Echo des Germanenklischees von den todesmütig ungeschützt in die Schlacht stürzenden, den schwerfälligen Römern daher – um den Preis vieler Toter und Verletzter – im Kampf überlegenen Germanenkriegern nachklingt.

Es ist zwar in der Tat so, dass bis ins Mittelalter die meisten Krieger der als „Germanen“ zusammengefassten Völker und Stämme sich allenfalls mit Lederwämsen, Lederkappen und Schilden schützten. Das ist allerdings weniger ihrer „Todesverachtung“ als drei wohlbekannten Umständen geschuldet:

  1. Wie im Artikel erwähnt war es sehr aufwendig Kettenpanzer herzustellen. Entspreched kostpielig waren sie. Selbst die Fusstruppen der römischen Legionen der Kaiserzeit, die von einer gut organisierten Rüstungsindustrie ausgerüstet wurden, trugen meistens den einfacher herzustellenden Schienenpanzer („Asterix“-Lesern wohl bekannt). Das Kettenhemd war in dieser Zeit außer bei der Reiterei nur bei den römischen Hilfstruppen durchgängig im Gebrauch.
  2. Die meisten „germanischen Krieger“ waren einfache Bauern und kämpften mit den ihnen persönlich gehörenden Waffen. Sie konnten sich in der Regel keine teure Rüstung leisten.
  3. Da die römische Armee bis ins vierte Jahrhundert in der offenen Feldschlacht erdrückend überlegen waren, gingen „die Germanen“ meistens in der Guerilliataktik vor. Bei diesem Kleinkrieg sind Rüstungen oft eher hinderlich.

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