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Anerkennung der Hexenverfolgung: Leider keine Selbstverständlichkeit

Ein Ausschuss des Kölner Stadtrats hat am Montag, dem 13.02.2012 die frühneuzeitlichen Hexenprozesse der Stadt verurteilt. Die als Hexen verleumdeten Frauen sollen rehabilitiert werden, darunter auch Katharina Henot. Sie gilt als bekannteste Hexe Kölns.
Kölner Politiker verurteilen Hexenprozesse (WDR)
Den Anstoß für die späte Anerkennung lieferte der Theologe und Lehrer Hartmut Hegeler aus Unna. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Rehabilitation von schuldig gesprochenen Ketzern und Hexen. Die Geschichte der Katharina Henot nahm Hegeler zum Anlass, zusammen mit deren direkten Nachfahren einen Antrag auf Rehabilitierung an den Kölner Stadtrat zu stellen. Für Hegeler steht vor allem die sozialethische Wiedergutmachung im Vordergrund.
Köln –
Späte Wiedergutmachung für Hexenverbrennung (epoc)

Leider sind solche Akte der historischen Anerkennung keine Selbstverständlichkeit.
Erst letztes Jahr gab es in Düsseldorf den Fall, dass es zunächst Widerstand gegen die Rehabitierung einer „Hexe“ gab. Die Düsseldorfer Hexen werden rehabilitiert, aber das Argument eines Theologen, den die CDU als Gutachter hinzugezogen hatte, löst Beklemmungen aus: Nach Studium der alten Gerichtsakten gelangte er zu der Erkenntnis, da die beiden verurteilten Frauen in „abergläubische Praktiken und phytotherapeutisches Detailwissen involviert waren“ könnten sie wohl nicht ganz unschuldig sein.

Zur Erinnerung: das Hexereidelikt gründete sich nicht auf „abergläubische Praktiken“ (wo fangen die an?) oder – besonders absurd – auf gute Kenntnisse der Pflanzenheilkunde. Die Frauen und auch Männer, die wegen „Hexerei“ zum Tode verurteilt wurden, starben wegen der juristisch gefassten Vorstellung eines Teufelspaktes, anders gesagt, von „antichristlichen Aktivitäten“, in Verbindung mit der Angst vor Schadenzauber.

Ebenfalls zur Erinnerung: der „Hexenwahn“ ist keine ferne Vergangenheit. In vielen Ländern Afrikas ist massenhafter Mord an „Hexen“ traurige Gegenwart, in Teilen Indiens auch. Besonders skandalös und gern verdrängt und verschwiegen: in Saudi-Arabien werden immer noch und immer wieder Menschen wegen „Hexerei“ hingerichtet, nach gültigem Recht, so, wie auch Hexen in Köln, Düsseldorf und im übrigen Westeuropa nach gültigem Recht und ordentlichem Prozess wegen eines völlig fiktiven Deliktes hingerichtet wurden.

Es ist, egal was es Deutschland und „den Westen“ ökonomisch und machtpolitisch kosten möge, meiner Ansicht nach ist es aus Gründen der Ethik, der Selbstachtung und als Zeichen, dass der Einsatz für Menschenrechte mehr als bloße Taktik ist, unumgänglich, Saudi-Arabien vor der Weltöffentlichkeit als das zu bezeichnen, was es ist: als totalitäre Religionsdiktatur, in der zwei gar nicht einmal respektlose Twitts über Mohammed oder das Pech, als „Hexe“ oder „Hexer“ denunziert worden zu sein, zum Justizmord führt!

Ein Gedanke zu „Anerkennung der Hexenverfolgung: Leider keine Selbstverständlichkeit

  • Eisentorf

    Zu der angesprochenen Gedenk-Problematik mit den sogenannten Hexen von Gerresheim erhält man übrigens eine recht umfassende und recht neutrale Ereignischronik, wenn man auf rp-online.de (HP der Rheinischen Post) in der Suchfunktion die Worte ‚Hexe‘ und ‚Düsseldorf‘ eingibt.

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