Aachen ist eine keltische Gründung
Durch Ausgrabungen im Aachener Elisengarten konnte nachgewiesen werden, dass schon die Kelten in Aachen siedelten und lebten. Belegen könne man das unter anderem durch Fragmente eines keltischen Glas-Armreifs, der im Grabungsgebiet zwischen Elisenbrunnen und Ursulinerstraße gefunden wurde.
Bislang hatten Historiker und Archäologen zwar vermutet, dass Aachen schon zur Keltenzeit bewohnt war, ein Beweis dafür fehlte aber noch.
Mehr bei „AN online“:Ausgrabung: Sensationsfunde in Aachen
Ergänzung: Archäologie des Elisengartens Aachen (pdf, 2,2 MB)
Hi!
Warum bitte soll das Fragment des keltischen Armreifs ein Beweis dafür sein, dass die Kelten in Aachen siedelten und lebten? (So cool ich das auf fände. ;-))
Warum zieht keiner in Betracht, dass das Handelsware war?
Verwunderte Grüße,
W.
Als erstes: Das Armreif-Fragment ist eindeutig keltisch – nicht etwa provinzialrömisch. Soweit ich es mitbekommen habe, ist es ein Stück eines Armreifes, der fehlerhaft gegossen und dann zum Wiedereinschmelzen in Stücke zerbrochen wurde – wobei offenbar ein Stück daneben ging. Das ist ein starker Hinweis darauf, dass die keltischen Ringe an Ort und Stelle hergestellt wurden.
Hi,
Hm, den einzigen Vergleich der mir dazu einfiele: Händler auf Gotland schmelzen byzantinische Münzen ein, um Schmuckstücke daraus zu machen. Wenn jetzt irgendwer Jahrhunderte später den Boden der Schmiede ausgräbt und da eine danebengegangene byzantinische Münze fände, würde doch auch keiner davon ausgehen, dass sie da geprägt worden ist. (Okay, blödes Beispiel, aber ich hoffe, es ist klar, was ich sagen will.)
Na ja, das Beste ist wohl abwarten, bis ernstzunehmende Berichte darüber vorliegen und nicht dieser … öh, enthusiastische Bericht in der AN.
Eine ernstzunehmenderen Bericht – nämlich die offizielle Darstellung der Ausgrabungen im Elisengarten – habe ich nachgetragen.
Das spätkeltisch Ringfragment besteht aus Glas. So wertvoll der Rohstoff Glas auch in der Antike gewesen sein mag, ein Transport von Glasscherben über größere Entfernung ist sehr unwahrscheinlich.
Das die Region Aachen keltisch besiedelt war, ist schon lange bekannt. Die nach wie vor offenen Frage ist, ob Aachen selbst eine keltische Gründung ist – wofür der römische Name „Aquae Granni“ hindeutet (nach den keltischen Gott Grannus) und die Tatsache, dass das römische Aquae Granni von Anfang an als recht große Siedlung ausgelegt war – was auf eine Vorgängersiedlung hindeutet. Es fehlt aber immer noch ein zwingender archäologischer Beweis – der zerbrochene Glasring ist nur ein Indiz, allerdings ein gutes.
Danke für den Nachtrag!
Ich hoffe mal, dass der Armreif nicht der einzige keltische Fund bleibt.
Ich finde, es ist einerseits ganz einfach … und andererseits etwas komplizierter.
Menschen haben in Aachen schon lange gewohnt. Schon in der Jungsteinzeit vor 5000 Jahren gab es Werkstätten für Feuersteinabbau auf dem Lousberg.
Dann ist auch klar, daß in der Euregio Eburonen gelebt haben. Ob Eburonen Kelten oder keltisierte Germanen sind, ist allerdings eine 100.000 $-Frage 😉
Die wurden dann durch Cäsar massenhaft ermordet und in das menschenleere Gebiet Ubier (bis Burtscheid) und Tungri (bis Aachen) angesiedelt. Deswegen war der Bischof von Burtscheid in Köln und der von Aachen in Lüttich.
Dann gibt es seit ca. Christi Geburt eine römische Siedlung mit großem Badehaus (s. Ruinen im Hof).
Die Frage ist nur, was eine Stadt ist bzw. ab wann Aachen als Stadt gesehen werden kann.
Hier würde ich sagen, daß es die Römer waren, die eine echte Stadt gebaut haben. Die Hauptstraße W-O (decumanus maximus) war die Jakobstraße. Ich gehe davon aus, daß die Franken die römischen Trümmer genutzt haben, um Pfalz und Kappelle zu bauen. Ich würde gerne im Oktogon mit Grabungen anfangen, um das zu belegen, ich würde mir damit aber viele Feinde machen 😉
Hi,
die sieben Quellen (Seffent = sept fontes) gehören zu den heissesten Quellen Mitteleuropas und sind damit mit hoher Wahrscheinlichkeit Ort der ersten Besiedelungen überhaupt. Der große Ringwall, der nur zur Hälfte noch direkt daneben steht, mit einem Durchmesser von 400 m und einem konstanten starken seitlichen Gefälle, und natürlich überwuchert mit Wiesen und Bäumen, sieht verdächtig „unnatürlich“ aus. Nach Anfrage beim Stadtarchäologen soll es wohl“ natürlichen Ursprungs sein, man hat mal eine stichprobenartige bohrung gemacht und auch was gefunden, aber weiter nicht untersucht“. Es besteht einfach kein Interesse an der Erforschung der eigenen Kultur, deshalb übernehmen das „Hobbyarchäologen“ und Heimatforscher. Wenn man mal danach sucht findet man einiges…
Zumindest einen Hinweis auf Kelten steht ja wenigstens mal auf der Beschreibung an den Quellen vor Ort.
Die offizielle Geschichtsdarstellung muss sowieso mit Vorsicht genossen werden. Wie es aussieht, muss alles was vor 1200 passiert ist, neu erforscht werden (falls das möglich ist).
Gruß
Vielen Dank für den Kommentar, S. Keller!
Ich bin durchaus der Ansicht, dass das öffentliche Interesse an der „Heimatarchäologie“, wie ich sie mal nennen möchte, arg zu wünschen übrig lässt. Aus schieren Geldmangel finden praktisch nur noch Rettungsgrabungen statt. Dafür, dass Stadtarchäologen dann für eingehende Untersuchungen „verdächtiger“ Strukturen wenig Interesse zeigen, habe ich angesichts dieser Lage sogar Verständnis. Der Ringwall, der nach stichprobenartigen Bohrungen wahrscheinlich sogar natürlichen Ursprungs ist, läuft ja nicht weg, aber da, wo z. B. die Bagger anrücken, ist Eile geboten.
Was „Hobbyarchäologen“ und Heimatforscher angeht, habe ich ein etwas zwiespältiges Gefühl. Wenn Amateure fachlich sachkundig sind, sorgfältig vorgehen, und mit den offiziellen Archäologen und Denkmalschutzbehörden gut zusammenarbeiten, dann ist dagegen nichts zu sagen. (Ich bin übrigens selbst Amateur-Archäologe, und weiß, dass die Zusammenarbeit mit den Behörden manchmal schwierig sein kann, was allerdings nicht Anlass sein darf, einfach „drauf los zu buddeln“. Als Amateur hat man normalweise z. B. gar nicht die Möglichkeit, eine Fundstelle fachgerecht zu dokumentieren,) Allerdings kenne ich leider auch rücksichtlose Schatzgräber, die sich selbst fälschlich „Hobbyarchäologen“ nennen, die noch nicht einmal einen Sondengängerschein haben, und die mehr zerstören als retten.
Mit den Heimatforschern ist das auch so eine Sache. Viel zu viele von ihnen verrennen sich in eine Lieblingsidee, und, was hinzu kommt, sind viele von ihnen glühende Lokalpatrioten, die eine möglichst großartige Vergangenheit ihrer jeweiligen Heimatregion herbeispekulieren.
Auch wenn es offenen Fragen und Fragwürdigkeiten der „offiziellen“ Geschichtsdarstellung – im Sinne von „Geschichte, wie sie an Schulen unterrichtet wird“ – gibt, halte ich es für völlig überzogen, alles, was zeitlich vor dem hohen Mittelalter lag, neu zu erforschen.
Gruß,
Martin Marheinecke
Ergänzung zu meinem Kommentar: Einen regelrechten „Sondengängerschein“ im Sinne etwa eines Angelscheins gibt es leider in Deutschland nicht. Ich meine damit die „Genehmigungen für Sondengänger“, wie sie z. B. in Nordrhein-Westfalen einigermaßen unbürokratisch erteilt werden. (Leider wird das in anderen Bundesländern anders gehandhabt.)