Denken ist kostenlos…(Heidentum vs. Christentum)
Wenn nun irgendwer hier einen provokanten Artikel erwartet, der voll gestopft ist mit Werbung für das Heidentum, muss ich ihn leider enttäuschen. Weiterhin wird er nicht mit tiefgehend recherchierten Daten glänzen, sondern einige nur grob behandeln, denn es geht mehr um den Kern des Ganzen.
Ich möchte heute mal ein Thema ansprechen und aussprechen, mit welchem ich schon seit einiger Zeit konfrontiert werde.
Als ich mich offen zu meinem Glauben, dem Heidentum, bekannte, wurde ich nicht selten belächelt. Ich denke vielen von meinen Gleichgesinnten geht es ähnlich. Ob es nun wirklich nur daran liegt, dass es_leider_ genug Pseudohexen auf dem Markt gibt die daran glauben, eine Katze namens Salem könnte auch gleichzeitig sprechen, kann ich nicht sagen. Es wäre ein Argument.
Mir sind ebenfalls schon einige Kuriositäten begegnet, die sich Hexe nannten und die „Charmed-Filme“ ausschließlich als Lehrmaterial einordneten und nicht als das, was sie nun einmal sind: Mystery Serien. Gut, aber fiktiv!
Es gibt viele Leute, die mit der Sparte Esoterik/Magie/Mystik viel Kohle scheffeln. (Einige kennen sicherlich diese knalligen Bücher und Heftchen der besonderen Autorin mit 4 Buchstaben?!) Im Grunde nicht dumm, aber absolut nicht mit meiner Moral und meiner Vorstellung von ausgelebtem Heidentum vereinbar.
Nun zum eigentlichen Grund meiner Federfechterei. In meinem Artikel „Das mit den Hexen und so“ hatte ich bereits einige Vorurteile recht amüsant aufgelistet. Doch auch wenn das Thema dieses Artikels ähnlich erscheinen mag, ist dieser hier anders. Ernster!
Einige meiner Freunde die ebenfalls das Heidentum ausleben, schreiben Artikel oder geben Interviews zu diesem Thema. Zu aller erst hier einmal von mir ein „Hut ab“, denn es erfordert Mut mit seiner Überzeugung, gerade was dieses Thema angeht, in die Öffentlichkeit zu gehen. Nicht selten folgte solch einem Artikel oder Interview ein regelrechter „Shitstorm“ von Leuten, die „uns“ für abnorm halten. Sie sagen, wir wären weltfremd und würden uns lediglich Spinnereien hingeben. Oftmals wurde sogar angeraten psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, da „…man sie ja nicht mehr alle hat…“. Ist dies so?!
Der Heide und die Natur:
Heiden werden wegen ihrer “Naturliebe” und der Ausführung dieser oft belächelt, (Baumknutscher genannt) doch warum?!
Ich selbst empfinde es nicht als schlimm, wenn man sich mal mit dem, was um uns herum statt findet, befasst. Mit OFFENEN Augen durch die Weltgeschichte läuft. Ist es so schlimm den Göttern für einen Baum zu danken der uns so viel gibt?! Ist es so verwerflich, seinem Gefühl freien Lauf zu lassen, wenn man einfach glücklich ist die Blätter beobachten zu dürfen in denen sich das Sonnenlicht bricht?! Man kann es sehr wohl mit demDankgebet eines Christen vergleichen. (Evtl. ein wenig intensiver) Dankt er nicht auch für das Essen auf seinem Tisch? Für die Gaben?!
„Herr, segne uns und diese Gaben,die wir von Deiner Güte nun empfangen,
durch Christus, unsern Herrn.
Amen. „
Etwas anderes machen wir in diesem Moment auch nicht und auch an unseren Tischen wird gedankt:
„Erde, die uns dies gebracht.
Sonne, die es reif gemacht
Liebe Sonne, Liebe Erde,
euer nie vergessen werde“
Feiertage:
Wir Heiden feiern die Jahreskreisfeste. (Jeder so wie er mag, daher gibt es auch da einige Unterschiede.). Um mal ein paar wichtige grob zu nennen: (variabel!)
Samhain, 31 Oktober
Yul , 21 Dezember
Imbolc, 1. Februar
Frühlingstagundnachgleiche, 21.März
Beltane 30. April
Mittsommer, 21. Juni
Lughnasadh, 31. Juli
Herbsttagundnachtgleiche, 21. September
(Nachzulesen unter: http://www.hexenzirkel.info/wiccapedia/index.php/Die_Jahreskreisfeste)
Die Christen feiern sicher auch, denn viele dieser oben genannten Feste und Bräuche, sowie auch Bauten, wurden während der Christianisierung schlichtweg übernommen 😉 (Copy + Paste “Christianisierung“+ google.de = selber lesen)
Auch in diesem Punkt kann ich keine absurden Dinge rausfiltern, die das Feiern der Heiden als „Abnorm“ kennzeichnen würden.
Rituale:
Bei den Heiden werden diese oft belächelt, wenn nicht sogar als „Teufelsanbetung“ abgetan. Doch was unterscheidet die Rituale eines Heiden von denen eines Christen?! Evtl. die Ausübung und die jeweiligen Anrufungen der Götter, aber Fakt ist, dass BEIDE Seiten Rituale abhalten. (Taufe, Konfirmation, Kommunion etc.) Nur weil man es im christlichen Kontext „Sakrament“ nennt, ändert es nicht die Tatsache, dass es ein Ritual ist! Der sich ähnelnde Ablauf eines Gottesdienstes (in meinem Fall kann ich nur vom Neuapostolischen Ablauf sprechen) ist ebenfalls rituell. Wikipedia beschreibt das Wort Ritual folgendermaßen:
„Ein Ritual (von lateinisch ritualis‚ den Ritus betreffend‘, rituell) ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein (z. B. Gottesdienst, Begrüßung, Hochzeit, Begräbnis, Aufnahmefeier usw.). Ein festgelegtes Zeremoniell (Ordnung) von Ritualen oder rituellen Handlungen bezeichnet man als Ritus„
(Quelle:http://de.wikipedia.org/wiki/Ritual)
Nun kommen wir zu einem Punkt über den am meisten gestritten wird.
Die Magie/Übernatürliches:
Sagt ein Heide, er übe Magie aus, oder glaube an Übernatürliches, wird darüber gelacht. Dabei redet er in den meisten Fällen davon, seine Energien auf eine bestimmte Sache zu richten. Ein spezielles Ziel zu verfolgen. Ruft zu diesem Zweck Elemente und Wesenheiten an. Natürlich glaubt derjenige auch an den Erfolg. Aber tut ein Christ dies nicht auch, wenn ein Priester ihm zusagt „Fürbitte“ zu leisten?! Oder daran glaubt, ein Schutzengel hätte ihn vor Schaden bewahrt?!
Wo wir gerade beim Thema Magie sind:
Wer machte Wasser zu Wein? Konnte Tote wieder auferstehen lassen? Kranke und Lahme heilen? Über Wasser laufen? u.v.m
Richtig, der gleiche Mann, der nach seinem eigenen Tod wieder auferstand. Es war Jesus, der Christ 😛
Aber die Heiden spinnen?! 😉 (Leicht süffisant formuliert)
Vielleicht regt es nun den einen oder anderen an mal ein wenig über Vorurteile nachzudenken. Denn so unterschiedlich sind Heiden und Christen nicht. Sie alle glauben, (wie schon so oft erwähnt) an das große Ganze. Welchen Weg jeder einzelne gehen mag um das große Ganze zu erreichen, sollte doch jedem selbst überlassen werden.
Als ich vor einiger Zeit meinem Mann, der Christ ist und diesen Glauben auch lebt, scherzhaft sagte “Komm zu uns auf unsere Seite. Wir haben Cookies.“ (Ein Insider!) bemerkte ein Mitglied meiner Asatru-Gemeinschaft “Wir missionieren nicht! Denn dann würden wir den Menschen von seinem eigenen Weg abbringen.“ Weise Worte, die ich mir ab diesem Tag fein hinter die Ohren geschrieben habe. Wäre doch schön, wenn dies der ein oder andere ebenfalls so handhaben würde, bevor selbiger einen Menschen verurteilt, der offen über seinen Glauben spricht!
Wie gesagt: „Denken ist kostenlos“ und tut nicht einmal weh 😉 (Sollte zumindest so sein)
Eure Hrafnakona
Ich mag deinen Artikel von seinem Ansatz her, habe aber 3 Bemerkungen:
1. Ich weiß jetzt nicht was „oft“ belächelt für dich bedeutet, aber ich sehe da eher dass es da von christlicher Seite ebensoviele Wertschätzung gibt. Die moderne neuheidnische Naturmystik hat ihre Wurzeln ja schließlich auch in den christlichen Klöstern des Mittelalters. Das Problem sind vermutlich eher Atheisten und Materialisten, aber darüber lässt sich sicherlich streiten 🙂
2. Gibt es natürlich Parallelen zwischen den kirchlichen Festen und denen anderer Kulturen, aber „übernommen“ ist bei den von dir aufgezählten Festen schon aus dem Grund sachlich nicht richtig, weil diese Feste (im Gegensatz zu denen aus dem römischen, germanischen oder jüdischen Kalender) ja allesamt jünger sind 😉 außer man meint, dass z.B. die irischen Feste von Christen und Hexen gleichsam übernommen und umgedeutet wurden – dann passt es. Das ist aber missverständlich formuliert.
3. Christliche Wunder sind keine Magie, sondern das, als was sie bezeichnet werden: Wunder 😉 Der Unterschied zur Magie und warum der Christ keine Magie praktiziert (außer er tut das aktiv) sollte jedem klar sein, der sich schon mal mit dem Sinn magischer Praktiken befasst hat. (Ein prominentes Beispiel für den Irrweg eines christlichen Magiers ist der berühmte Simon Magus)
Auf jeden Fall danke fürs Reinstellen, war sehr nett zu lesen 🙂