Happy Birthday, Mr. Darwin!

12. Februar 2009 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog, Ætt Feature

Heute, am 12. Februar 2009 jährt sich der Geburtstag des wohl bedeutendsten Biologen aller Zeiten zum 200. Mal: Charles Darwin

Es ist außerdem fast 150 Jahre her, dass Darwin seine revolutionäre Theorie einer breiten Öffentlichkeit vorstellte: der erste Band von „On the origin of species by means of natural selection“ (Über die Entstehung der Arten durch natürliche Auslese) erschien im November 1859.

Obwohl Darwins Grundannahmen seitdem immer wieder bestätigt wurden, dauert der Meinungskrieg um die Evolution seither an. Auf eine einfache Formel gebracht sieht es so aus, als ob vielen religiösen Menschen die Evolution irgendwie nicht passt.
Inzwischen hat die Welle des wieder erstarkten Schöpfungsglaubens, die in ihrer christlichen Variante zuerst den „Bible Belt“ der USA überschwappte, auch Europa erreicht. (Eine knappe Mehrheit der Briten hat Zweifel an der Evolutionstheorie, ist das Ergebnis einer allerdings nicht unumstrittenen Umfrage.)

Nun ist Ásatrú, jedenfalls im Verständnis der Nornirs Æt, zwar keine Religion, aber wird gern, wie andere Formen des Heidentums auch, als „naturreligös“ bezeichnet.

Wie halten es Ásatrú also mit dem Darwinschen Evolutionsmodell?
In einem Satz: Sie gehört längst zu Urd.
Urd heißt “das Gewordene”. Sie steht damit für das Manifestierte, also das, was wirklich da ist, was begreifbar ist, was man wissen kann. (Zum näheren Verständnis verweise ich auf den Aufsatz: Die Nornen, die Zeit und ein Weltbild.)

Auch wenn es vielen Fundi-Christen und Fundi-Molems, die es vorziehen, auf einer Erde zu leben, die 1000 Jahre jünger ist als z. B. das Sonnenobservatoriums in Goseck (Sachsen-Anhalt) oder 3000 Jahre jünger als die Stadtkultur von Çatalhöyük, nicht wahrhaben wollen:
Die Evolution ist eine Tatsache. Dass das Leben auf der Erde sich ständig verändert, dass Arten neu entstehen und wieder aussterben, dass ist eben so wenig anzuzweifeln wie die (nicht ganz perfekte) Kugelgestalt der Erde. Unzählige Fossilien, aber auch die direkte Beobachtung des natürlichen Artenwandels, z. B. bei Bakterien, sprechen eine zu deutliche Sprache. Für die Evolution liegt eine große Fülle von Belegen aus sämtlichen Gebieten der Biologie und ihrer Rand- und Nachbardiszplinen vor.
Darwin
Die derzeit beste Erklärung für die Tatsache der Evolution ist die auf Darwins Theorie fußende Evolutiontheorie. Sie ist eine der am besten empirisch erhärteten und zugleich ausbaufähigsten Theorien der Wissenschaftsgeschichte. Selbstverständlich wurde die Theorie Charles Darwins durch die Erkenntnisse aus Zellforschung, Genetik, Geologie und Populationsbiologie, die Darwin noch nicht wissen konnte, erweitert. Evolutionsbiologie ist, wie alle Wissenschaften, eine „Dauerbaustelle“, der „Stand der Forschung“ von heute kann morgen schon überholt sein.
Wenn Phänomene auftauchen, die die bisherige Theorie nicht erklären kann, wird sie eben ergänzt. Würde sich das Erklärungsmodell des Darwinismus als unzureichend erweisen, würde es allenfalls eine darüber hinaus gehende Theorie geben, etwa so, wie in der Physik Einsteins Theorie über Newtons Theorie hinausgeht. Auf keinen Fall gäbe es aber ein „hinter Darwin zurück“ – so wenig, wie die moderne Physik ein „Zurück zu Aristoteles“ bedeutet hätte.

Daher ist der Einwand mancher Fans des „Intelligent Designs“ („Kreationismus light“): „Es gibt so viele offene Fragen und Probleme, so dass die Evolutionstheorie insgesamt als zweifelhaft oder widerlegt gelten kann“ nicht stichhaltig. Viele offene Fragen und Probleme gibt es in jeder Wissenschaft. Offene Fragen über den Ablauf und die Triebkräfte der Evolution sind deshalb der Antrieb der Evolutionsforschung. Wir wissen im Grunde genommen fast nichts über Gravitation. Trotzdem würde niemand auf die Idee kommen, die Lücken der Gravitationtheorie mit Gott aufzufüllen und etwa eine Lehre des „Intelligenten Fallens“ zu vertreten.

Die Evolutionstheorie widerlegt übrigens nicht die Existenz eines Schöpfers. Sie kann nichts dazu sagen, ob es Götter gibt oder nicht, genauso wenig wie irgendwelche Teildisziplinen der Physik oder Chemie.
Wobei es im Ásatrú gar keinen Schöpfergott gibt. Die unter anderem in der Völuspá und dem Vafþrúðnismál überlieferte „nordische Schöpfungsgeschichte“ beschreibt nicht, wie die Welt erschaffen wurde, sondern wie sie entstand.
Der metaphorische Charakter des nordischen Weltentstehungsmythos ist sozusagen mit Händen zu greifen. Wenn im Ginnungagap die vom Norden eindringenden Eisströme in der aus Muspelheim im Süden kommenden Glut schmolzen, und im Aufeinandertreffen der Elemente der Riese Ymir und die Urkuh Audhumbla entstanden, dann ist offensichtlich, dass das nicht wörtlich zu verstehen ist. Die Möglichkeit, dass die wikingerzeitlichen Isländer, die bekanntermaßen wussten, dass die Erde eine Kugel ist, wörtlich glaubten, dass der Himmel der Schädel des erschlagenen Ymir sei, der von Zwergen mit den sinnigen Namen Norðri, Suðri, Austri und Vestri gestützt wird, kann man getrost vergessen.

Der metaphorische Charakter der beiden nicht ganz übereinstimmenden Schöpfungsmythen der Bibel ist, weil die alten Hebräer abstrakter, nüchterner formulierten als die Skalden des Nordens, nicht ganz so deutlich. Vielleicht ist das der Grund, dass es Menschen gibt, die die Bibel wortwörtlich nehmen und sie außerdem, ungeachtet innerer Widersprüche, für irrtumslos halten. Allerdings steht der wortwörtlich (!) genommene Bibeltext mit praktisch allen wissenschaftlichen Disziplinen, Theorien und Erkenntnissen auf dem Kriegsfuß! Wenn es nach dem Wortlaut der Bibel ginge, wären alle Räder sechseckig, denn der Wert für die Konstante Pi wäre nicht π = 3,14159… sondern π = 3, weil es im Buch der Könige heißt: „Und er machte das Meer, gegossen, von einem Rand zum andern zehn Ellen weit rundherum und fünf Ellen hoch, und eine Schnur von dreißig Ellen war das Maß ringsherum.“ (1 Kön. 7,23, Lutherbibel).
Der Kreationismus beruht auf einer (absichtlichen?) Verwechslung von Mythos und wissenschaftlicher Theorie.
Aber das ist zum Glück nicht unsere Baustelle.

Links:
BR-online: Darwin jetzt
scienexx: Gott oder Darwin? Der Kreationismus auf dem Vormarsch
Darwin-Jahr.de: Charles Darwin – Sein Leben und seine Erkenntnisse
Darwin-Jahr.de: Die Darwinsche Revolution
SZ-Magazin: Die Verdrehung der Arten (Über den Missbrauch der darwinschen Theorien.)
Welt.de: Lincoln und Darwin
„Beide wurden heute vor 200 Jahren geboren. Sie glaubten an die Gleichheit der Menschen. Und doch führte der eine einen blutigen Krieg, der andere wurde von Rassisten vereinnahmt.“
Wissenschaft.de: „Ein kleiner Stein zum großartigen Bauwerk der Naturwissenschaften“

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Ein Kommentar
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  1. Mensch stammt vom Affen ab. Mensch wurde aus Lehm gemacht. *pah*

    Die Menschen stammen von zwei Ästen ab, die als Treibholz angespült wurden – das weiß doch nun wirklich jeder! 😉

    Na denn *g*, Skol Herr Darwin!!!

    Jari

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