„Rassistische Gewalt? Kann mich nicht erinnern …“

5. Dezember 2008 | Von | Kategorie: Gjallarhorn Weblog

Eine alte, traurige Erfahrung bestätigt sich wieder einmal: bei rassistischen Gewalttaten ist in Deutschland das Gedächtnis der Zeugen notorisch schlecht:
NPD_Blog: Rassistischer Überfall: Zeugen können sich nicht erinnern.
Am 09. Dezember 2008 wird der Prozess gegen zwei Männer fortgesetzt, die am 19. August 2007 den Deutschtürken Hasan K. vor der Bernauer Diskothek “Musikzelt” rassistisch angepöbelt und schwer verletzt haben sollen. Bei einem ersten Gerichtstermin im September 2008 hatte Hasan K. laut einem Bericht von Opferperspektive in seiner Zeugenaussage beschrieben, wie er immer wieder aus einer Gruppe heraus getreten und geschlagen worden war, ohne dass die Umstehenden eingriffen. Mit schwerwiegenden Folgen: Ein Kieferhöhlenbruch, Zahnschäden, Hämatome und Prellungen.

Dass die Angeklagten zu den Vorwürfen schweigen, ist verständlich. Dass auch Zeugen, die sich nach eigenen Aussagen in unmittelbarer Nähe zum Tatgeschehen aufgehalten hatten, sich fast an nichts mehr erinnern können, erscheint mir hingegen bemerkenswert.
Über die Gründe für den erstaunlichen Gedächtnisverlust kann man nur spekulieren:
Ist es den Zeugen peinlich, dass sie nicht eingegriffen haben? Oder – was leider durchaus möglich wäre – haben die rassistischen Schläger die Menschen in Bernau schon so eingeschüchtert, dass sich keiner mehr mit ihnen anlegen will? Oder gibt es etwa eine klammheimliche Sympathie mit den Schlägern?

Ich vermute, dass alle diese Gründe zusammen im Spiel sind.

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Ein Kommentar
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  1. Da die meisten Täter selten ernsthafte Konsequenzen zu fürchten haben kann ich nachvollziehen, wenn Leute sich lieber „nicht erinnern“, da sie Angst haben müssen, die nächsten Opfer zu sein, wenn der/die Täter wieder frei rumlaufen, was sie erfahrungsgemäß ziemlich schnell wenn nicht eh sofort wieder tun – und damit in der Lage sind – ebenfalls ohne Konsequenzen fürchten zu müssen – solcherlei Zeugen „zu besuchen“.

    Das Problem beginnt IMO schon im politischen Unwillen, rechtsextremistische oder rassistisch motivierte Straftaten als solche anzuerkennen, da wird bis zuletzt behauptet, „ein rassistischer Hintergrund“ sei „nicht nachweisbar“, obwohl es sogar z.B. Tonaufnahmen gibt, die Äußerungen wie „Scheiß Nigger“ o.ä. wiedergeben usw. – entsprechend zahm ist dann auch die Strafverfolgung, meiner Ansicht nach ebenfalls aus „statistischen“ Gründen, denn das Strafmaß geht in die Statistik ein und kennzeichnet die Schwere eines Verbrechens – je geringere Strafmaße desto „weniger“ schwere Verbrechen, je weniger „nachgewiesener“ Rassismus, desto „weniger“ rassistisch motivierte Gewalt.

    Auf der Strecke bleiben die Opfer. Inklusive der zukünftigen, die ungeschützter und paradoxerweise zahlreicher sind, nur damit es nach „weniger“ aussieht…

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