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Sonntag, Juni 12, 2005

 
Gesellschaft

Vernunft und magisches Denken

Eine interessante Fundsache aus dem Weblog der "Freude der offenen Gesellschaft", einer lockeren Gruppe von Ex-Linksradikalen, die zum Liberalismus "konvertiert" sind.
In einem länglichen, aber lesenswerten Beitrag über die "Antideutschen"
Antideutsche Todesstrafe? gibt es einen speziell für denkende demokratische Heiden äußerst interessanten Absatz:


III. Bleibt uns also nur noch die Konsequenz. Aber auch die ist uns nicht geheuer. Sicher gehören wir zu der in Deutschland vom Aussterben bedrohten Spezies der Denker. Und jeder Gedanke – auch der trivialste – verlangt Konsequenz. Von dem Denkenden, von dem zu Überzeugenden und vom Diskurs. Die von Dr. Freud entwickelte (aber schon in der Steinzeit weit verbreitete) Methode der freien Assoziation soll die Wahrheit über Konflikte im vernunftfernen Großreich des Unbewußten ans Tageslicht bringen. Diese Wahrheiten sind aber eben nicht mit den Wahrheiten über die uns umgebende Realität zu verwechseln. Diese Verwechslungen zu vermeiden, ist ja der ganze Sinn der Veranstaltung. Liberalen liegt viel an der gefahrlosen, spielerischen Integration des magischen Denkens – nicht obwohl, sondern weil sie die Vernunft hochhalten. In einer gelungenen Therapie wirkt die freie Assoziation befreiend. (3) An den Universitäten dagegen wirkt sie verblödend. Deswegen sprechen Mitglieder unserer seltenen Spezies viele Sprachen, aber niemals die Sprache des Hegelianismus oder Poststrukturalismus. Ja, auf stringente Argumentation und konsequente Faktenorientierung legen wir mehr wert als die Epigonen der Frankfurter Schule oder des Situationismus, die uns umgeben. Aber in antideutschen Zirkeln wird die Konsequenz (wie im klassischen Linksextremismus) häufig auf martialische und dehumanisierende Weise an der Bereitschaft zur Gewaltanwendung gemessen.(4)
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Fußnoten:
3) Aber selbst in diesem Rahmen birgt die allzu unkontrollierte freie Assoziation nachweislich einige Risiken. Ohnehin zur Depression neigende Menschen können sich noch tiefer in unfruchtbare, düstere Grübeleien verstricken. Ohnehin zur Regression neigende Menschen können ganze Wochen in der Steinzeit verbringen, wenn die Zeitmaschine einen kleinen Defekt hat. Ein nicht unbedingt zu empfehlendes Urlaubsziel!
(4) Diesen Spleen hatte die kritische Theorie natürlich nicht. Insbesondere Adorno war ein entschlossener Gegner jeder Gewaltverherrlichung. Wahrscheinlich hat er deswegen so selten von der "Revolution" gesprochen, wenn er von der von ihm erhofften Umwälzung alles Bestehenden sprach.

(Hervorhebung von mir. MartinM)

Obwohl die "Freunde der offenen Gesellschaft" keineswegs "Neuheiden" sind, erkennen sie den (vermeindlichen) Gegensatz "Vernunft vs. magisches Denken" als problematisch. "Magisches Denken" ist Bestandteil naturreligiösen / heidnischen Denkens. Es ist bedrückend, wie viele Heiden, nachdem sie "die Magie" für sich entdeckt habe, die kritische Vernunft fröhlich über Bord werfen. Dass das auch ca. 80 % aller Esoterik-Fans so halten, entschuldigt nichts, denn viele Esos wissen noch nicht mal, dass sie magisch denken, wenn sie denn überhaupt denken. Heiden, besonders solche der "hexischen" und der neoschamanischen Richtungen, haben sich bewußt auf magisches Denken eingelassen - sie sollten also wissen, was sie tun, und den Verstand gerade bei "magischen" Praktiken einschalten. Wobei uns noch weitaus mächtigere Instrumente zur Reise in das "Reich des (normalerweise) Unbewußte" zur Verfügung stehen, als die verhältnismäßig harmlose freie Assoziation. Die Gefahrenhinweise aus Fußnote (3) gelten erst recht für schamanische Reisen und ähnliche hypnotische / selbsthypnotische Verfahren!

Den Hinweis, wo magisches Denken hingehört (statt "Therapie" würde ich allerdings "Bewußtseinserweiterung" schreiben) und wohin nicht (nämlich in politische / gesellschaftliche Diskurse) kann man nicht genug beherzigen! Ich erlebe das leider regelmäßig im Internet wie gelegendlich im "real life" anders.

Dass Menschen (z. B. Antifas, Weltanschauungsbeauftragte, "Sektenexperten") die anderen Menschen, die sich auf "magische" Praktiken eingelassen haben (z. B. Heiden, Hexen, Neoschamanen), pauschal in die Ecke des Irrationalismus stecken, schwer auf dem Holzweg sind, brauche ich an dieser Stelle wohl nicht länger ausführen.

von Martin 13:48 | Einzelansicht & Kommentare (1)


Kommentare:

Magisches Denken kann man jeden Monat neu in den Nachrichten sehen: wenn der neue "IFO-Index" verkündet wird. Die Auguren bei den Römern wussten wenigstens, dass sie Vögel anschauten und daraus die Zukunft erkennen wollten. Heute ist das weder den Auguren klar, noch denen, die ihre Aussagen mit der "Realität", was immer das ist, verwechseln... *g*


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