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Montag, Februar 28, 2005
Gesellschaft / Religion
Russisches Parlament soll "okkulte Dienste" verbieten
Die russische Nachrichtenagentur Novosti berichtete am 28. Februar 2005 in ihrem englischsprachigen Internet-Dienst (es folgt eine eigene auszugsweise Übersetzung):
"Mitglieder des Moskauer Stadtparlaments drängten die russische Bundesregierung und das Bundesparlament, die Gesundheitsgesetze um ein Verbot okkulter Dienste im ganzen Land zu ergänzen.
Jahrhundertelang zeigte Russland sich tolerant gegenüber allen Arten professioneller Magier und Medien, ließ sie an ihren Diensten gut verdienen und Kontakte mit der Oberschicht der Gesellschaft schließen.
(...)
Aber die Okkultismus-Welle, die Russland in den späten 1980er überschwemmte, hat wenig mit überlieferten Traditionen zu tun. Die zersplitterte Nation litt an einer Identitätskrise und Menschen aus allen sozialen Schichten teilten ein Gefühl der Unsicherheit. Die Verwirrung der Massen brachte tausende selbsternannte Hexen und Magier hervor, die spürten, dass das Geschäft mit der Magie sich lukrativer als je zuvor erweisen könnte.
(...)
Aber die russische Bevölkerung hatte keine Wahl. Es gab damals nicht viele kompetente Psychotherapeuten, was auch heute noch der Fall ist. Magier, weiße und schwarze, beeilten sich diese Nische zu besetzen.
Den Statistiken zufolge ist einer von 1500 Russen ein berufsmäßiger Magier. Es ist schwer zu glauben, dass in Zeitalter des Internet und der Gentechnik die Umsätze des okkulten Marktes mit denen des Drogenmarktes vergleichbar sind. Es gibt über 30 Magie-Schulen allein in Moskau, deren monatlichen Umsätze zwischen 60000 US-$ und 120000 US-$ liegen. Schätzungsweise 3500 bis 6000 Einzelpraktiker füllen den Rest der Nische aus.
Interessanterweise zeigen soziologische Untersuchungen, dass 70% der Okkult-Industrie von Hochstaplern beherrscht wird, die nicht an das Übernatürliche glauben und nie selbst Medien kosultieren.
Die große Mehrheit der berufsmäßigen Magier, die sie oft selber Parapsychologen nennen, haben keine medizinische oder sonstige (therapeutische) Ausbildung. Viele sind einfach Scharlatane, die die neurotische Verfassung und Naivität ihre Kunden ausnutzen.
Die Art der okkulten Dienstleistugene hat sich im Laufe der Jahre gewandelt. Noch vor kurzem konzentrierten sich russische Parapsychologen auf Liebe und familäre Angelegenheiten, boten wohltätige Dienste, wie die Rückkehr des verflossenen Liebsten und die Abwehr von Flüchen, die einer Hochzeit im Wege standen, an. Heute haben viele ihre Aufmerksamkeit finanziellen Angelegenheiten zugewand, und helfen schnelle Gewinne zu sichern (für $50 - $1000), Schulden einzutreiben (für 10 - 15% der Summe), und sogar Konkurrenten aus dem Weg zu räumen (für $200 - $2000).
(...)
Der Okkultismus korrumpoiert die öffentliche Moral, drängt Menschen, vor allem junge, in eine Welt der Illusionen und des Irrationalen ab. Auch die russisch orthodoxe Kirche betreibt eine eifrige Kampangne gegen das Geschäft mit der Magie. Ein christlichs Rehabilitationszentrum für Okkultismusopfer wurde vor kurzem in der Hauptstadt eröffnet.
All das hat die Moskauer Gesetzgeber dazu veranlasst, das Gesetz über die öffentliche Gesundheit von 1993 zu revidieren. In seiner ursprünglichen Fassung verbot es Massenheilungen, vor allem über Fernsehen und Rundfunk, wie sie in dem frühen 1990er von Nachahmern Chumals und Kaschpirowskys angeboten wurden. Diese "Medizinmänner" behaupteten, dass sie heilenden Kräfte hättten, die sich über Fernsehbildschirme verbeiten würden, Kranke heilen und Wasser mit positiver Energie aufladen könnten. Aber das Geschäft hat seitdem Fortschritte gemacht.
Die Aussicht, dass Heiler-Dienste völlig verboten werden könnten, erweckt bei den Vertretern der auf volkstümlichen Überlieferungen beruhenden alternativen Medizin erhebliche Bedenken. Jakow Galperin, der Direktor des nationalen Forschungsinstitutes für alternative Medizin gibt zu bedenken, dass das Parlament nicht in der Lage sein wird, zwischen traditionellen Heilmethoden und Okkultismus zu unterscheiden. Es sagt: "Scharlatane gibt es überall, und zwar genau so viele im Heiler-Geschäft wie in der akademischen Medizin - etwa 13%."
Aber Ludmila Stebenkowa, Vorsitzende des des Ausschusses des moskauer Stadtparlaments der die Gesetzesänderung vorantreibt, versichert, dass die alternative Medizin nicht in Gefahr ist. Es gibt nur ungefähr 2000 registrierte alternative Heilpraktiker in Russland, während inoffizielle Statistiken nahelegen, dass die Anzahl der Zauberer, Hexen und Wahrsager 10000 überschreitet. Es sind eben diese Verbreiter okkulter und pseudo-religiöser Dienste, auf die die neue Gesetzesinitiative zielt."
RUSSIAN CHURCH, PARLIAMENT TEAM UP AGAINST OCCULTISM
Mein Kommentar: Das geplante Gesetz kippt, in "bester" obrigkeitsstaatlicher Tradition, das Kind mit dem Bade aus - und schränkt ganz nebenbei auch noch die Religionsfreiheit ein (mit der sich die Russisch Orthodoxe Kirche, die gern wieder wie vor 1917 Staatskirche wäre, übrigens sehr schwer tut). Außerdem werden die wirklichen Ursachen des Übels nicht beseitigt: Das russische Okkultismus-Geschäft ist ja nicht zufällig um einige Grade heftiger als als unsere heimische Kommerz-Esoterik. Wer wirklich den schnellen Rubel verdienen will, der macht halt illegal weiter ... wie bei so vielen lukrativen Geschäften im postkommuistischen Russland.
von Martin 20:09 | Einzelansicht & Kommentare (0)
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